Ali Bilgic, Eigentümer Halley Supermarkt
"Das wichtigste ist die Liebe. Egal was du machst oder wie viele Geld du hast - wenn du etwas nicht liebst dann kannst du es nicht weiter machen". Ali Bilgic
Lebensart: Wer sind Sie?
Ich bin Ali Bilgic, verheiratet und habe fünf Buben. Ich bin in der Stadt Aksaray der Türkei geboren. Dort hab ich eine Berufsschule gemacht und danach ein Jahr Wirtschaft auf der Uni studiert, aber nicht abgeschlossen.
Das Leben in Österreich
Seit wann sind sie in Österreich und warum sind Sie da?
Ich bin seit 1989 in Österreich. Meine ganze Familie war schon in Europa, mein Vater, meine Mutter, meine Onkel. Ich wollte bei meiner Familie sein und hier arbeiten, damit ich mehr verdienen und sparen kann. In der Türkei damals gab es kaum Arbeit und wenig Einkommen. Die Ökonomie war in Österreich besser als in der Türkei.
Ist das heute anders?
Ja sicher! Es ist heute ganz anders, Europa und Türke kann man vielleicht noch nicht vergleichen aber das Leben in der Türkei ist viel besser geworden. Viele haben dort ihre eigene Wohnung, eigene Autos und sie können mehr verdienen.
Würden Sie mal zurückkehren?
Zurückkehren möchte ich nicht, weil unsere Kinder und Enkelkinder hier geboren aufgewachsen sind. Meine Familie würde nicht mitkommen.. Und viele Systeme wie Schulsystem, Sozialsystem, Ökonomie, Krankenversicherung sind In Österreich besser als in der Türkei.
Wie und wann haben Sie begonnen zum arbeiten?
Ich habe im Jahr 1991 in Leobersdorf mit einem Partner angefangen eine Pension zu führen. Das war nicht einfach für mich, weil ich so jung war und das System und die Sprache noch nicht kannte. Mein Partner sprach Deutsch, das hat mir geholfen. Da habe ich auch viel gelernt. Nach zwei Jahren habe ich mit drei Partnern eine Supermarktkette mit Filialen in Leobersdorf , Neunkirchen, Felixsdorf, St. Pölten und Wiener Neustadt aufgebaut. Wir haben danach zu rasch expandiert und sind 2004 in Konkurs gegangen. 2005 habe ich die Filiale in St. Pölten allein übernommen und den Halley Supermarkt gegründet.
Wie haben Sie Deutsch gelernt?
Ich habe es mir selbst beigebracht und nie einen Deutschkurs besucht. Damals gab es nicht so gute Möglichkeiten um deutsch zu lernen.
Wie haben Sie den Mut gehabt selbstständig zu arbeiten mit den geringen Deutschkenntnissen?
Es war natürlich nicht einfach! Am Anfang habe ich, vor allem bei behördlichen Dingen, mit einem Dolmetsch gearbeitet. Heute brauche ich ihn nicht mehr.
Wo kommen die Produkte her, die Sie verkaufen? Gibt es auch Bio Produkte bei Ihnen?
Die Waren kommen hauptsächlich aus der Türkei. Bio Produkte gibt es bei uns nicht viel, weil es in unserem Sortiment wenig gibt. Obst und Gemüse ist teilweise Bio.
Wer kauft bei Ihnen ein?
Mehrheitlich Türken natürlich, aber auch Tschetschenien, Albanier, Syrer. Ungefähr zehn Prozent sind ÖsterreicherInnen. Unsere Kundinnen kommen von überall und das freut mich.
Was schätzen die ÖsterreicherInnen bei Ihnen?
Hauptsächlich kaufen sie Fleisch, Obst und Gemüse, weil wir bestes Fleisch haben Das wichtigste ist, dass bei uns wird alles nach Wunsch geschnitten oder faschiert wird, und die Beratung. Wir haben keine verpackten Sachen. Das mögen die ÖsterreicherInnen und auch den persönlichen Kontakt mit uns! Bei Obst und Gemüse schätzen sie die Frische. Das bekommen wir täglich aus Wien Und der Preis ist auch günstig.
Woher kommt das Fleisch?
Das Fleisch kaufen wir bei den österreichischen Firmen ein, also aus Österreich.
Welche Pläne haben Sie?
Wir haben momentan 80 bis90 Prozent türkische Ware. Das wollen wir auf die Hälfte reduzieren und die andere Hälfte aus Österreich beziehen. Unser Sortiment wollen wir internationaler ausrichten damit für jede Kunde etwas zu kaufen gibt.
Worauf muss man achten, wenn man selbstständig arbeiten will?
Das wichtigste ist die Liebe. Egal was du machst oder wie viele Geld du hast - wenn du etwas nicht liebst dann kannst du es nicht weiter machen. Zweitens: sich selbst vertrauen und sagen, ich kann das schaffen und sich Ziele setzen. Danach kommt Kapital und Personal. Mit dem Personal meine ich, dass es nicht alleine geht, man braucht Unterstützung. Bei mir sind meine Söhne sind meine großen Unterstützer!
Heute braucht man für eine Gründung viel Kapital! Das war früher einfacher. Auch die Konkurrenz hat zugenommen - es gibt nun viele ausländische Geschäfte. Bei meiner Gründung gab es nur zwei ausländische Geschäfte, das war der Vorteil für uns.
"Beide Seiten sollten neugierig aufeinander sein, sich gegenseitig respektieren, vorurteilsfrei miteinander umgehen und vor allem nicht verallgemeinern".
Was bedeutet Integration für Sie?
Integration bedeutet für mich persönlich, dass man sich für das Land, die Menschen und die Kultur interessiert, in dem man lebt oder leben möchte. Der nächste Schritt ist Respekt und Verständigung.
Integration heißt nicht, dass jeder Alkohol trinken oder Schweinefleisch essen muss. Integration bedeutet, dass man die Gesetze akzeptiert und sich damit auch identifiziert, dass man arbeitet und seine Steuern bezahlt Es bedeutet aber nicht, dass jeder seine kulturellen Wurzeln oder seine Religion verleugnen muss.
Beide Seiten sollten neugierig aufeinander sein, sich gegenseitig respektieren, vorurteilsfrei miteinander umgehen und vor allem nicht verallgemeinern. Jeder Mensch hat seine Vor- und Nachteile, seine Stärken und Schwächen.
Was möchten Sie andere MigrantInnen mitgeben?
Das erste und das wichtigste ist die Sprache, damit man sich mit anderen verständigen kann. Heute gibt es überall Unterstützung dafür. Nur muss man selbst etwas tun wollen und weiter gehen.
Interview: Asya Khalef