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Krebsvorstufe oder Krebs?

FÄ Dr. Barbara Kohlweg berichtet über aktuelle Entwicklungen und alles Wissenswerte zum Brustkrebsmonat Oktober.
 

Eine Ärztin mit langen dunklen Haaren steht vor dem Eingangsbereich des Brustkrebszentrums Kärnten.
Die stv. Brustzentrum-Leiterin Dr. Barbara Kohlweg Foto: Barmherzige Brüder

Ist es bloß eine harmlose Krebsvorstufe oder eine ernstzunehmende Gefahr? Das Wort "Brustkrebs" alleine löst oftmals große Ängste aus. Stellen die Ärzt*innen tatsächlich die Diagnose "Krebs", ist das für Betroffene und deren Angehörige meist ein tiefer Einschnitt. Die optimale Behandlung zu finden und sich in guten Händen zu wissen, ist das Wichtigste, betont die stellvertretende Leiterin des Brustzentrums Kärnten am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder St. Veit/Glan Dr. Barbara Kohlweg.

Interview

Wann spricht man von einer Krebsvorstufe, wie äußert sich diese und wie wird hier vorgegangen? 

Dr. Barbara Kohlweg: Als Besonderheit ist bei der Brust ein sogenanntes DCIS (duktales Carcinom in situ) zu erwähnen, welche eine sogenannte Vorstufe zu einer Krebserkrankung (Präkanzerose) bezeichnet. In den Milchgängen der Brustdrüse liegen dann veränderte Zellen vor, die aber noch „am Ort verbleiben“ (daher die Bezeichnung „in situ“) und (noch) nicht in umliegendes Gewebe eindringen und auch keine Tochtergeschwülste, sogenannte Metastasen bilden können.
Auch bei dieser Vorstufe sind Früherkennung und Selbstuntersuchung die beiden wichtigen Säulen im Kampf gegen den Brustkrebs. Allerdings ist das DCIS meistens mit Kalkablagerungen verbunden, welche nur selten Knoten bilden und deshalb praktisch nicht zu tasten sind.
Bei Auffälligkeiten veranlasst der/die Facharzt/ärztin eine Röntgenuntersuchung der Brust, die sogenannte Mammographie, zusätzlich wird immer eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt. Sollten diese beiden Untersuchungen kein eindeutiges Ergebnis bringen, bzw gibt es evtl. noch weitere Fragestellungen, wird gegebenenfalls eine MR-Untersuchung der Brust angeschlossen.

Die Möglichkeiten der Behandlung sind mit den Therapieformen und Operationstechniken des Mammakarzinoms vergleichbar und orientieren sich am jeweiligen Krankheitsbild der Patientin.

Welche Fortschritte im Bereich Brustkrebs - Vorsorge, Diagnostik oder Behandlung - sind aktuell besonders bemerkenswert/hervorzuheben? 

Brustkrebs ist eine der am häufigsten diagnostizierten Krebserkrankungen bei Frauen, und es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir kontinuierlich in Therapie und Diagnostik Fortschritte erzielen.
In der Diagnostik haben wir in den letzten Jahren vor allem in der Bildgebung Fortschritte erlebt. Die digitale Mammographie, die Tomosynthese und die Magnetresonanztomographie (MRT) haben sich enorm weiterentwickelt und ermöglichen uns heute, kleinste Veränderungen in der Brust frühzeitig zu erkennen. Das erhöht die Chancen einer erfolgreichen Behandlung erheblich.

Und wie sehen die Fortschritte in der Therapie aus?

Heute wird die Art der Brustkrebserkrankung intensiver erforscht: Ist der Brustkrebs
hormonempfindlich, wie aggressiv ist er, was sagt seine DNA aus, ist er vererblich? Faktoren, die allesamt genauestens eruiert werden. Die Biologie von Brustkrebs kann sich stark unterscheiden.
Was die Therapie betrifft, so stehen uns mittlerweile individualisierte Therapieansätze zur Verfügung, die sich am genetischen Profil des Tumors und am individuellen Risikoprofil der Patientin orientieren. Neuartige Medikamente, insbesondere sogenannte 'zielgerichtete Therapien', ermöglichen es uns, den Tumor präziser und mit weniger Nebenwirkungen zu behandeln. Zudem haben Fortschritte in der Strahlentherapie dazu geführt, dass wir gezielter und schonender bestrahlen können, was das Wohlbefinden der Patientinnen erheblich verbessert.

Wann wird eine Mastektomie notwendig und welche Möglichkeiten gibt es danach?

Nach einer Mastektomie stehen Patientinnen verschiedene Methoden des Brustaufbaus zur Verfügung, um die Form und das Erscheinungsbild der Brust wiederherzustellen. Die Auswahl der Methode hängt von den individuellen Wünschen der Patientin, ihrer allgemeinen Gesundheit, anatomischen Gegebenheiten und vorherigen Behandlungen ab. Die gängigsten Methoden sind: Implantat-basierter Aufbau, Eigengewebsaufbau (autologe Rekonstruktion), kombinierter Aufbau und Fetttransfer (Lipofilling).
Es ist wichtig zu betonen, dass die Entscheidung für eine bestimmte Methode des Brustaufbaus in enger Absprache zwischen der Patientin und ihrem chirurgischen Team getroffen wird. Das Hauptziel ist es immer, ein Ergebnis zu erzielen, das für die Patientin sowohl ästhetisch zufriedenstellend als auch medizinisch sicher ist.

Was raten Sie Patientinnen, wie motivieren Sie sie?

Die Diagnose ist immer ein Schockerlebnis, doch wir Expert*innen raten dazu beim Wort „Krebs“ nicht gleich in Panik zu verfallen, denn: Bei frühzeitiger Diagnose besiegen rund 90 Prozent unserer Patientinnen den Brustkrebs.

Seit Jahren gibt es das sogenannte Mammografie-Screening. Im Österreichischen Brustkrebs Früherkennungsprogramm werden alle Frauen zwischen 45 und 70 Jahren alle zwei Jahre mittels Brief zur Brustuntersuchung eingeladen.

Deshalb mein Apell: Gehen Sie bitte zur Vorsorge, denn früh erkannt, ist Brustkrebs sehr gut behandelbar. Eine Krebsdiagnose ist für Patient*innen und deren Angehörige sehr belastend, da diese das bisherige Leben von heute auf morgen komplett verändert.
Jenseits der medizinischen Behandlung bieten wir psychologische Unterstützung durch das Team der Breast Care Nurses und zusätzlich der Psychoonkolog*innen an. Unser Ziel sind gesunde und zufriedene Patient*innen!

Was macht das Brustzentrum genau?

Das Brustzentrum Kärnten am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder St. Veit ist die erste Anlaufstelle für Beratung, Behandlung und Nachsorge bei Brusterkrankungen im Süden Österreichs. Expert*innen aus den Bereichen Chirurgie, Radiologie, Radio-Onkologie, Innere Medizin, Pathologie, Anästhesiologie, dem psychologischen Dienst, der Physiotherapie, dem Sozialdienst und der Seelsorge arbeiten im interdisziplinären Team des Brustzentrums zusammen. „Breast Care Nurses“ (Pflegeexpertinnen für Brusterkrankungen) unterstützen zusätzlich die an Brustkrebs erkrankten Patientinnen und deren Angehörige.

Betreibt das Brustzentrum Kärnten selbst Forschung, oder kooperieren Sie in dem Bereich? 

Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder verfolgt einen multiprofessionellen Ansatz. Wir arbeiten eng mit nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen und Netzwerken zusammen, um sicherzustellen, dass wir stets auf dem neuesten Stand der Forschung sind. Unsere Teams besuchen regelmäßig Fachkonferenzen und nehmen an Fortbildungen teil, um die neuesten Erkenntnisse in der Krebstherapie zu kennen und in die Praxis umzusetzen. Zudem sind wir in neueste klinische Studien eingebunden, was unseren Patient*innen oft den Zugang zu neuen Behandlungsmethoden ermöglicht, bevor sie allgemein verfügbar sind.

Nähere Infos unter www.barmherzige-brueder.at