Der Vielflieger
Satire von Georg Bauernfeind
Der Sommer ist ja eine verflixt verführerische Angelegenheit. Der kann einem die persönliche CO2-Bilanz aber sowas von „Schwuppdiwupp“ in die Höhe schnellen lassen! Aber was sag ich! Der Sommer? Im März ein kurzer Trip nach London, im Mai ein paar Tage Portugal, im Juli dann die Asienreise – das geht so schnell, und schon hast du einen CO2-Rucksack beisammen, von dem in einem indischen Dorf drei Generationen zehren könnten. Gut, aber die haben dort auch ein besseres Wetter. Da haben die dort leicht reden. Die MÜSSEN daher im November auch nicht schon wieder nach Madeira fliegen. Und im Dezember nach Innsbruck zum Schifahren. Und die haben dort auch keine Bürokollegen, die einen seltsam anschauen, wenn man nicht mindestens in Uganda Berg-Guerillas besichtigen war. Das ist ja bei uns alles auch eine Sache von Prestige, sprich soziale Reiseanerkennung. Mit einer Fußwallfahrt nach Mariazell kannst du nicht einmal die Fini-Tante in Floridsdorf beeindrucken. Weil die war mit dem Pensionistenverband heuer schon in Sardinien, mit dem Kneippbund in Neuseeland und mit der Annifreundin aus Niedersulz bei einer Verkaufsveranstaltung in Ungarn. Wie schaut denn das aus, wenn die anderen in Hawaii surfen und du bist rudern an der alten Donau? Die anderen fahren auf Safari nach Kenia und du gehst zum Tauben füttern in den Beserlpark? Die anderen brauchen drei Impfungen und du nicht einmal ein Aspirin!!!
Nein, das geht nicht. Man will ja auch dazugehören. Und es kommt ja auch darauf an, wie man reist. Man kann ja jetzt auch umweltfreundlich fliegen und sogenannte Flugkompensationszertifikate erwerben. Damit werden z. B. Solaranlagen auf den heimischen Berghütten finanziert. Und sagen wir in 20 Jahren, wenn dann die Inder auf Klimawandel-Abkühlungs-Urlaub zu uns kommen und sich in die Berge verirren, dann können wir sagen: „Tolle Solaranlage, nicht wahr! Beim Umweltschutz, da könnt ihr von uns echt noch was lernen!“