Die Aushecker
Fahrkarten kaufen: Warum einfach, wenn’s kompliziert auch geht? Kommentar von Christian Brandstätter
Aushecker nenne ich Leute, die sich komplizierte Systeme ausdenken. Vor meinem geistigen Auge sitzen sie mit ihrer Schreibtischlampe in einem finsteren Kammerl und brüten tagelang über ihren Plänen. Hin und wieder laufen ihre Ganglien zur Höchstform auf. Die grandiosen Ergüsse werden dann auf eine undankbare, weil verständnislose Menschheit losgelassen. Immer wieder begegnen sie mir, diese Zeugnisse menschlichen Intellekts. Zuletzt an der ÖBB-Haltestelle Bad Waltersdorf:
Übersichtskarte
Sie müssen sich keine Lupe besorgen. Auf der Übersichtskarte sind alle Tarife, Tarifzonen, Ermäßigungen, usw. „übersichtlich“ zusammengefasst. Zugfahren ist halt nicht so einfach….
Anleitung
…aber es gibt eine Anleitung in 5 Schritten. 1. Zonen zählen: Das schaffe ich anhand der bunt eingefärbten Flächen in der oberen Grafik gerade noch – aber ich muss nach Wien und das ist auf der Karte nicht drauf. 2. Dauer definieren: Was weiß ich, wie lange der Zug braucht??? 3. Fahrpreis ablesen. Nichts einfacher als das, siehe Preistabelle. 4. Fahrkarte kaufen. Spätestens jetzt bin ich gescheitert: Es gibt weit und breit keinen Schalter und auch keinen Ticketautomaten. Na dann: 5. gute Fahrt!
Der Zug kommt.
Beim Einsteigen ohne Karte lese ich gerade noch die erste Zeile des Pickerls neben der Tür. „Bitte nur mit gültigem Ticket einsteigen.“ Das Kleingedruckte schaffe ich in der Eile nicht. Hilfe! Im Zug erlöst mich die freundliche Stimme von Chris Lohner von meinem unfreiwilligen Schwarzfahrer-Dasein: „Bitte kaufen Sie Ihr Ticket beim Automaten in der Mitte des Zuges“.
Preistabelle und Entwerter
Preistabelle: Der Preis errechnet sich aus dem Koeffizienten aus Fahrtdauer, durchquerten Tarifzonen minus allfälliger Ermäßigungen. Ganz einfach, oder?
Entwerter: Immerhin könnte ich die Karte, die ich nicht kaufen kann, an der Haltestelle entwerten.