Biobauern: Die Jungen kommen
BANG nennt sich eine neue Bewegung innerhalb von Bio Austria. Junge Bio-BäuerInnen haben sich damit eine Plattform für den Austausch mit Gleichgesinnten geschaffen und wollen ihre Erfahrungen teilen.
Der blaue Kapuzenpullover von Andrea Nenning passt gut in das Szenecafé Blaustern am Döblinger Gürtel in Wien, nicht allzu weit entfernt von der Universität für Bodenkultur. Direkt von dort kommt die 25-jährige zu unserem Treffen. Andrea Nenning studiert Agrarwissenschaften und hat ihre Bachelorarbeit der jungen Generation von Bio-Bäuerinnen und –Bauern gewidmet. Mit einer Kollegin reiste sie dafür durch ganz Österreich und filmte auf sechs Bio-Betrieben, die gerade von der nächsten Generation übernommen werden. „Ich wollte herausfinden, wie es den Jungen auf den Bio-Höfen geht. Es gibt kaum Informationen darüber“, erklärt Nenning, die selbst auch auf einem Bio-Betrieb im Mühlviertel aufgewachsen ist. Ihr Fazit nach einem halben Jahr Filmarbeit und unzähligen Gesprächen: „Bio ist eine Zukunftsbranche, die nächste Generation ist ausgesprochen engagiert und hat viele Pläne. Man muss sich keine Sorgen machen, die schaffen das.“ Genau diesen Eindruck erweckt auch Andrea Nenning selbst.
Das Netzwerk für die Jungen
Sie ist die bundesweite Koordinatorin von BANG – „Bio Austria Next Generation“ – der jungen Generation bei Bio Austria. Diese Plattform gibt es seit dem Herbst 2011 und Andrea Nenning hat sie maßgeblich mitgegründet. Mittlerweile gibt es regelmäßige Treffen und Aktivitäten sowohl regional als auch österreichweit. „Wir haben zum Beispiel mit 25 jungen Leuten eine viertägige Exkursion nach Vorarlberg organisiert, um die dortige Biolandwirtschaft kennenzulernen“, berichtet Andrea Nenning. „Acker- und Grünlandbetriebe haben recht unterschiedliche Herausforderungen zu bewältigen. Es ist für das gegenseitige Verständnis und eine gute Zusammenarbeit einfach wichtig, sich selbst ein Bild zu machen.“
Das Engagement von Andrea Nenning ist spürbar, ebenso ihre Überzeugung, dass Bio die Landwirtschaft der Zukunft ist. Ihre Eltern führen einen Milchvieh-Betrieb mit Direktvermarktung in der Nähe von Perg. Sie setzen auf Schulmilchproduktion und Milchprodukte für die Gemeinschaftsverpflegung und haben dafür eine kleine Molkerei am Hof eingerichtet. Andrea Nennung arbeitet neben Ihrem Studium der Agrarwissenschaften auf einem großen Bio-Ackerbau-Betrieb in der Nähe von Wien. „Dort kann ich gleich anwenden, was ich beim Studium lerne, das taugt mir sehr“, erklärt sie und dass der Betrieb so ganz anders sei als der elterliche, das bringe neue Erfahrungen. Kann gut sein, dass sie selbst – bestens vorbereitet und hoch motiviert - einmal den elterlichen Hof übernimmt, vielleicht gemeinsam mit einem ihrer Brüder. Dann will sie neue Sachen ausprobieren: „Ich will gerne mit Schafen und Ziegen arbeiten, das würde mich reizen. Auch ein Pferd und vielleicht einen Esel will ich mir anschaffen“, erklärt die junge Frau. Auf jeden Fall wird sie weiter auf Direktvermarktung setzen – das sichert Unabhängigkeit und direkten Kontakt zum Konsumenten, beides ist ihr sehr wichtig.
Schlagzeug oder Bergkräuter
Einer der den elterlichen Betrieb praktisch schon übernommen hat, ist Michael Falkinger. Er ist Koordinator von BANG in Oberösterreich. Nach der Matura auf der land- und forstwirtschaftlichen Fachschule in St. Florian, kümmert er sich schon seit mehr als zwei Jahren um den Bio-Betrieb zu Hause in Neundling im Mühlviertel. Zwei Standbeine gibt es: Einerseits 18 Milchkühe und andererseits den Kräuteranbau auf drei Hektar Fläche. Minze, Zitronenmelisse, Malve und noch einiges mehr liefert er als Mitglied an die Bergkräutergenossenschaft. Mit den beiden anderen Bio-Betrieben in dem kleinen Dorf wird gut zusammengearbeitet – „wir teilen die meisten Maschinen, das ist praktisch, sinnvoll und stärkt die Gemeinschaft“, so der 22-jährige. Sieben Hektar Wald bewirtschaftet er auch noch und liebt diese Arbeit sehr – „es ist still und man arbeitet in der Natur.“ In den nächsten Jahren wird Michael Falkinger entscheiden, wie er den Betrieb langfristig ausrichten will. „Unser Milchviehstall ist zwar ein Laufstall, aber ab 2020 nicht mehr gesetzeskonform. Dann werde ich umbauen müssen oder eine andere Richtung einschlagen. Mir stehen viele Möglichkeiten offen“, sieht der junge Bio-Bauer optimistisch in die Zukunft.
Er spielt gut und gerne Schlagzeit. Eigentlich wollte er Musiker werden, hat sich nach einigem Überlegen aber dann doch für die Landwirtschaft entschieden und spielt sein Lieblingsinstrument nun halt im örtlichen Musikverein.
Traktorfahren und Betriebswirtschaft
Auch Isabella Neuhofer hat nach der Matura begonnen, am Betrieb der Eltern mitzuarbeiten. Die 22-jährige macht am Hof alles, was anfällt. „Ich gehe täglich in den Stall, fahre mit dem Traktor, kümmere mich um betriebswirtschaftliche Angelegenheiten“, berichtet sie. Der Biohof, auf dem sie aufgewachsen ist, liegt in Straßwalchen im Flachgau und hat 70 Milchkühe mit eigener Kälberaufzucht. Produziert wird Bio-Heumilch. Isabella Neuhofers Freund arbeitet ebenfalls mit: „Diese Zusammenarbeit gefällt mir sehr“, sagt die junge Frau. Gemeinsam haben sie viele Ideen, wie sie den gut geführten elterlichen Betrieb noch weiterentwickeln wollen. „Wir haben einen exakten Düngeplan für unsere Flächen erstellt“, erzählt sie. „Mit der Umsetzung haben wir bereits begonnen und wollen das noch in den nächsten Jahren perfektionieren. Außerdem bauen wir gerade einen neuen Kälberstall, der den Tieren viel Bewegung im Freien ermöglicht.“ So wird die Tierhaltung noch weiter verbessert.
Sie ist Koordinatorin von BANG in Salzburg und organisiert Weiterbildungen und Exkursionen, um die verschiedenen Betriebsformen kennenzulernen. „Wir sehen uns als Plattform und Netzwerk für alle jungen Menschen im Bio-Landbau. BANG ist für alle offen, die sich für Bio interessieren, auch wenn sie (noch) keinen eigenen Betrieb haben“, betont Isabella Neuhofer.
Wünsche an die Konsumenten
Der Kontakt zu den Konsumenten ist den BANG-Mitgliedern wichtig. Nenning: „Die Leute sollen bei den Bauern sehen, wie produziert wird. Das nützt den Konsumenten und den Bauern.“ Kollege Michael Falkinger wünscht sich, dass die Konsumenten ihre in Umfragen oft geäußerten Wünsche nach biologisch produzierten Lebensmitteln aus der eigenen Region auch in die Praxis umsetzen. „Bio ist zwar etwas teurer, aber die Menschen die Bio kaufen, gehen bewusster mit den Lebensmitteln um und werfen nicht so viel weg“.
Autorin: SONJA SCHNÖGL
Tipp:
Der Film „Bio – The Next Generation“ von Andrea Nennung und Michaela Sturm stellt sechs junge Bio-BäuerInnen vor, die gerade dabei sind, den Betrieb von den Eltern zu übernehmen. Der Film wird im Herbst 2013 in einem Wiener Kino präsentiert. Termin und Ort sowie ein Link zum Film auf www.bio-austria.at