Atomenergie als Klimaschützer?
Tschernobyl ist vergessen, die Folgen eines Supergaus Erinnerungen grauer Vorzeit. Heute hat der Mensch Angst vor dem Klimawandel und davor, dass der Energiefluss versiegen könnte.
Zählte ein Atomunfall über viele Jahre zu den furchterregendsten Bedrohungen, so hat heute der Klimawandel diese Rolle übernommen. Jäh mutiert die Kernenergie zum Problemlöser und kommt im grünen Mäntelchen des Klimaschutzes wieder ins Spiel. Kaum ein Medium, das nicht in den letzten Monaten die Aussagen einzelner Atombefürworter zitiert hätte, allesamt mit der Begründung, die Atomkraft sei eine notwendige Zutat im klimafreundlichen Energiemix, weil die Produktion von Atomenergie keine Emissionen verursache. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) in Deutschland hat hingegen errechnet, dass die Atomkraft keineswegs das Klima schützt. Ansonsten wären die USA ausgesprochene Klimaengel, denn sie betreiben weltweit die meisten Atomkraftwerke (103). Stattdessen führen sie die Weltrangliste der Klimabelastung an.
DI Silva Herrmann, Energy Campaigner bei Global2000, sieht in der Atomkraft eine Scheinlösung: "Die Atomkraft ist teuer und jeder Euro, der in Atomkraft fließt, kann nicht in die sehr viel klimawirksamere Energieeinsparung oder die Förderung Erneuerbarer Energien fließen. Die umweltfreundlichste Energiequelle, die uns zur Verfügung steht, ist die Energieeinsparung. Leider widerspricht Energiesparen der üblichen Wachstumslogik der Wirtschaft und hat eine zu kleine Lobby, und so bleibt das Potential unerschlossen."
Etwas kraftlos, die Atomkraft
Bei all dem Rummel um die Atomkraft könnte man glatt übersehen, dass die Kernenergie nur rund 16 % des globalen Strombedarfs deckt. Und das, obwohl zur Zeit weltweit 439 Atomkraftwerke produzieren. Noch 1974 hatte die IAEA nukleare Kraftwerkskapazitäten von 4,45 Mio. MW für das Jahr 2000 prognostiziert. Tatsächlich sind es zur Zeit ca. 300.000 MW. Die Atomenergie hat sich also keinesfalls zum prophezeiten Marktführer am Strommarkt entwickelt.
2007 liefen in der EU 146 Reaktoren, um 31 weniger als noch 1989. Die abgeschalteten Atomkraftwerke gingen im Durchschnitt nach 22 Jahren vom Netz. Um die derzeitigen Kapazitäten aufrecht zu erhalten, müsste ein regelrechter AKW-Bauboom einsetzen. Zur Zeit gelten 32 Blöcke offiziell als im Bau befindlich, elf davon schon länger als 21 Jahre. Weil die Bauzeit eines Atomkraftwerkes meist länger ausfällt als geplant, werden die Betriebszeiten der bestehenden AKW verlängert. Doch auch wenn sie 40 Jahre betrieben werden, müssen bis 2015 etwa 90 Reaktoren und bis 2025 weitere 192 AKW-Oldies in den Ruhestand gehen. Um die heute vorhandene Leistung beizubehalten, müssten bis 2025 282 Reaktorblöcke fertig gestellt werden.
Zwar werden die Kernkraft-Dinosaurier das Rennen nicht verloren geben, vor allem nicht in Ländern wie Indien oder China, aber eine deutliche Steigerung ihres Anteils an der Welt-Energieproduktion ist nicht mehr zu erwarten.
Lesen Sie mehr in der lebensART April/Mai 2008
Ökö-Euro 2008
Österreich und die Schweiz haben sich für die EURO 2008 ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Die Großveranstaltung soll klimaneutral bilanzieren, keine Tonne CO2 soll zusätzlich verursacht werden.
Ein Blick auf die Spielstätten in der Schweiz und in Österreich zeigt, dass wir nicht nur fußballerisch sondern auch bei der Nutzung der Solarenergie ein Zwergendasein fristen. Auf den Dächern von drei Schweizer EM-Stadien sind insgesamt 1.773 Kilowatt Solarstrompaneele montiert. Österreich kann sich hier mit seinen 16,5 Kilowatt auf dem Bürogebäude beim Ernst Happel-Stadion gerade mal für die unterste Spielklasse qualifizieren.