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Drew Sarich - Kultur trifft Natur

Welchen Stellenwert hat Natur für den Sänger und Schauspieler Drew Sarich, der seit vielen Jahren in Wien daheim ist? Wie lebt er mit seiner Familie Nachhaltigkeit? Das Motto ist so klug wie simpel: Reduce, Reuse, Recycle, Respect.

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Schauspieler, Singer und Songwriter Drew Sarich. Foto: Kracher Schauspieler, Singer und Songwriter Drew Sarich. Kracher

Du stammst aus den USA, Wiege der Nationalparks. Waren Schutzgebiete und Natur in deiner Kindheit genauso Thema wie die Kunst?

Drew Sarich: Ich bin am Stadtrand von St. Louis aufgewachsen und war einige Zeit Pfadfinder. Wilde Natur gab es rundum, ohne weite Anreise, und wir haben es genossen. Abends kamen wir dreckig und zerzaust heim, das war normal! Ab und zu war ich mit meinem Vater beim Maramec Spring Naturdenkmal zum Angeln und Spazieren, daran erinnere ich mich gerne.

Hast du in Österreich schon einen Nationalpark besucht?

Bislang noch nicht. Aber ich entdecke nun mit meiner Familie die Umgebung, soweit es der Job zulässt. Meine Kids fordern das ein! Wir besuchen gerne das Wolf Science Center in Ernstbrunn oder gehen im Wienerwald wandern.

Wie nützt du heute als Künstler und Privatperson die Ressource Natur?

Für mich ist das ein Ganzes. Vor einigen Jahren habe ich erstmals intensiv empfunden, wie wichtig es für mich ist, im Wald zu sein. Unter Bäumen. Es ist schön, leise zu reden, aufzupassen wo man hintritt, sich Zeit zu nehmen. Das ist gut für die Seele, gut für die Familie. Als Künstler ist für mich Natur zugleich Übungs-Raum, um meine Figuren detailreich zu entwickeln, mir Dinge einzuprägen. Ich beobachte gerne Tiere. Auch hier gilt es, Ruhe zu finden und abzuwarten. Ich war als Junge auf Whalewatching Tour. Wir waren alle aufgeregt, es passierte zwei Stunden – nichts. Das kurze Auftauchen eines Buckelwals, es waren vielleicht drei Minuten, war dann ein Erlebnis, das für immer in Erinnerung bleibt.

Was ist Natur?
Wir leben großteils in gestalteter Kulturlandschaft. Wildnis gibt es hierzulande kaum mehr. Wie definierst du persönlich „echte“ Natur?

Die Schriftstellerin Anne Rice verwendet den Begriff „Savage Garden“ – ein Chaos, wo doch alles seinen Platz hat und das ohne Eingriff zu respektieren ist. Unsere Regeln der Zivilisation sind im Grunde nicht natürlich. Wir schaffen eine unnatürliche Ordnung. Natur ist der Savage Garden.

Flüsse begleiteten dich in der Kindheit und an Stationen deiner Karriere – bist du ein Flussmensch?

Auf jeden Fall! Als Jugendlicher hab ich es geliebt, mich mit Freunden flussab treiben zu lassen. Man ist in Bewegung, kommt irgendwo an. Am Fluss fühle ich mich wohl. Zornig macht mich, die Verschmutzung zu sehen. Ein Erlebnis während eines Engagements in Kairo war einprägsam: Ich ging täglich zum Nil. Da war dieser mächtige, legendäre Strom, in dem Unmengen Müll treiben, in den man nicht die Hand strecken will. Wie weit sind wir gekommen?

Angesichts aktueller globaler Entwicklungen, Umbrüche und Unsicherheiten scheint der Umweltschutz teils in den Hintergrund zu geraten – gehen Menschheit und Wohlstand vor?

Ich verfolge unter anderem die Ereignisse in den USA mit Sorge – erworbene Umweltstandards sollen wieder gelockert werden? Wenn wir so weiter machen, wird uns irgendwann die Erde einfach abschütteln. Sie wird fortbestehen; wie es den Menschen gehen wird, das ist die Frage. Das wissen wir im Grunde längst und es sollte darüber überhaupt keine Diskussion geben müssen! Wie blind kann man sein? Wir werden nur überleben, wenn wir die Erde besser behandeln. Es ist traurig, dass man das sagen muss.

Viele Menschen die in der Öffentlichkeit stehen setzen sich für Arten- und Naturschutz ein. Könntest du dir die Patenschaft für ein konkretes Wildtier vorstellen?

Für so viele! Wir waren lange Elefantenpaten für ein Projekt in Thailand. Wahrscheinlich wären es nun Haie – es sind respekteinflößende, wunderbare Tiere.

Die kleinen Schritte:
Was ist dein Zugang zur Nachhaltigkeit, was tut ihr daheim dafür?

Jeder kleine Schritt hilft. Mülltrennung ist selbstverständlich. Wir kaufen so gut es geht bio, regional, bei kleinen Betrieben. Aber ich gebe zu, ich bin teils überfordert mit der Fülle an Labels und Empfehlungen für Konsumenten! Wir achten auf Biofleisch und haben generell den Verbrauch reduziert, obwohl ich leidenschaftlicher Fleischesser bin. Es ist nicht mehr zu verantworten, was im Namen kommerzieller Ernährung geschieht. Ich will weiter in den Spiegel sehen können. Wir lieben Gemüse, meiden Thunfisch. Man wird kreativer. Jeder kann sein Leben umstellen, und es liegt an uns, das Umfeld zu motivieren.
Ich erinnere mich an die drei Rs, die ich als Kind gelernt habe: Reduce, Reuse, Recycle. Es ist so easy. Mein viertes R dazu: Respect.

Wie hältst du es mit der Mobilität?

Berufliche Flüge kann ich schwer streichen. Im Alltag nutze ich Öffentliche Verkehrsmittel, fahre sehr gerne Skateboard und gehe zu Fuß. Ich nenne das Bare Minimum: wenn jeder das macht, was er kann, geht es uns allen besser.

Bedeutet deine Bekanntheit besondere Verantwortung?

Wenn ich mit einer Aussage jemanden bewegen kann, bewusster zu handeln, habe ich etwas erreicht. Aber auch ich könnte mehr tun, wir alle neigen dazu, bequem zu sein. Meine Frau Ann Mandrella ist mir eine große Unterstützung – Wir denken viel nach, was können wir verbessern? Was sollten wir nicht akzeptieren?

Eure Zwillinge sind 13 Jahre alt. Wie gebt ihr ihnen Achtsamkeit mit?

Unsere Kinder wollten instinktiv von Anfang an Blätter sammeln, Tieren begegnen, Natur betrachten. Wir unterstützen sie darin bloß. Amelie ist überglücklich, wenn sie im Grünen sein darf, Noah forscht gern mit der Lupe. Sie sitzen in Bäumen, sie machen im Sommer mit den Großeltern ausgedehnte Wanderungen. So soll es sein.

Wo siehst du die Welt in 50, 100 Jahren? Bist du Optimist oder Pessimist?

Realist. Wir müssen den aktuellen Weg ändern. Ich hoffe, wir schaffen es, dass meine Enkelkinder noch ohne Angst in den Fluss springen oder barfuß über die Wiese gehen können. Die kleinsten Dinge, mit denen ICH aufgewachsen bin. Ich hoffe, dass es noch Paradiese gibt.

Wenn du drei Wünsche für Mutter Erde frei hättest – wie würden sie lauten?

Im Grunde ist es ein Wunsch. Dass der Mensch sich an die Natur anpasst, und nicht andersrum.

Drew Sarich, geboren 1975 in St. Louis/USA, gab sein Europa-Debut 1999 in Berlin und lebt seit 2001 in Wien. Er wirkte international schon in zahlreichen Musiktheater-Produktionen mit und überzeugte zuletzt an der Wiener Volksoper in der neuen BaROCKoper „Vivaldi - Die fünfte Jahreszeit“. Zudem hat er sich als Singer/Songwriter einen Namen gemacht.

Naturschutz ist Drew Sarich ein ehrliches Anliegen. Das ist beim ausführlichen Gespräch in einer schmalen Grünoase unweit der Wiener Volksoper deutlich zu spüren gewesen.
Hörtipp: Das aktuelle Album „Let him go“. Live zu sehen am 6.9. im Wiener Stadtsaal.

Facebook:
https://www.facebook.com/Drew-Sarich-Das-Endwerk-Orchester-Let-Him-Go-288459127833911/

Twitter: https://twitter.com/DSarich

Das Interview führte: Erika Dorn

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