Wildbienen im eigenen Garten
Nur wenige Wochen im Frühling sind die Mauerbienen - eine Untergruppe von 650 heimischen Wildbienen - unterwegs und bestäuben Obstbäume und Wildblumen. Sie schenken uns damit eine reiche Ernte.
Benommen vom langen Winterschlaf krabbeln die Männchen aus ihrem Unterschlupf und erkunden das Nahrungsangebot in der Umgebung. Weite Erkundungsflüge sind nicht ihre Sache. Sie warten lieber auf die Weibchen, die etwas nach ihnen schlüpfen, um sich mit ihnen zu paaren. Genau prägen sie sich alles ein, um wieder zurückzufinden. Ihr Zuhause ist überall, wo ein rund acht Millimeter großes Loch in einen längeren Gang führt – in hohlen Stängeln, in leeren Schneckenhäusern aber auch in Gartenmöbeln und Schilfrohrmatten.
Nach der Paarung tragen die Weibchen Pollen als Nahrung in die Hohlräume, legen ein Ei hinein und mauern die Kinderstube mit feuchten Erdklümpchen zu. Dann folgen wieder etwas Nahrung, ein neues Ei und eine Trennwand – so lange, bis der Hohlraum voll ist. Das Weibchen entscheidet, ob ein befruchtetes oder ein unbefruchtetes Ei deponiert wird. Im hinteren Bereich liegen die befruchteten, aus denen im nächsten Jahr Weibchen schlüpfen werden, sie bekommen auch eine etwas andere Nahrung als die unbefruchteten Eier der Männchen, die im vorderen Teil der Nisthöhle abgelegt werden. Denn die müssen im nächsten Jahr ja wieder als erste raus. Nach vier bis sechs Wochen ist das Lebenswerk der Wildbienen auch schon erfüllt. Was aus ihrem Nachwuchs wird, werden sie nicht mehr erleben. Wildbienen sind nicht aggressiv, die Männchen haben nicht einmal einen Stachel. Beim Zumauern ihrer Nistplätze sind die Weibchen so konzentriert, dass man sie dabei sogar streicheln könnte. Mauerbienen bilden im Gegensatz zu den Honigbienen auch keinen Staat.
Aus den Eiern im Inneren der Gänge schlüpfen Larven und machen sich über die eingelagerten Nahrungsvorräte her. Sind diese aufgebraucht, spinnen sich die Larven ein und verpuppen sich. In den Kokons warten nun die bereits fertig entwickelten Bienen auf das nächste Frühjahr. Dann beginnt das Schauspiel von vorne.
Auch wenn man von den Wildbienen keinen Honig ernten kann, leisten sie dennoch einen wichtigen Beitrag für unsere Gaumenfreuden. Die gehörnten Wildbienen, die von Mitte März bis Ende April aktiv sind, finden ihre Nahrung vor allem in den früh blühenden Steinobstbäumen. Sie bestäuben Marille, Kirsche, Mandel und Zwetschke. Die rote Wildbiene ist etwa einen Monat später aktiv und versorgt sich an den Blüten der Apfel- und Birnenbäume. Das Ergebnis der emsigen Gartenhelfer ernten wir dann später. Durch die starke Behaarung der Wildbienen bleibt besonders viel Pollen hängen, der aber auch wieder sehr leicht auf den anderen Blüten abgesetzt wird. Die dadurch bessere Bestäubung wirkt sich positiv auf Ertrag und Qualität des Obstes aus.
Verein Wildbienengarten
Josef Koch, Obstbauer in Wiesen hat die Erfahrung gemacht, dass der Ertrag seiner Obstbäume mit der Entfernung vom Wildbienenhäuschen abnimmt. Und Martin Primes aus Rohrbach im Burgenland hat erstmals von seinem Knorpelkirschbaum ernten können, seit er Wildbienen angesiedelt hat. Beide sind Mitglieder im Verein „Wildbienengarten“, den Johann Kainz aus Lanzenkirchen gegründet hat. Fasziniert vom Treiben in seinem eigenen Garten hat sich der Automatisierungstechniker schlau gemacht. Heute ist er mit voller Leidenschaft dabei, Wildbienen zu fördern und neue Lebensräume für sie zu erschließen. In Eigenregie bastelt er Wildbienenhotels, die er den Mitgliedern zum Selbstkostenpreis zur Verfügung stellt.
Im Preis inkludiert sind auch zwei „Startpakete“ mit je 50 Kokons. Diese holt er im Oktober aus den leicht zerlegbaren Hotels, wäscht und trocknet sie und füllt sie in kleine Kartonschachteln. Bei rund vier Grad überwintern die Kokons dann in seinem Kühlschrank. Kainz reinigt dabei auch gleich das Hotel, in dem sich auch ungebetene Gäste wie Taufliegen niedergelassen haben. „All das muss natürlich nicht sein“, sagt Kainz. „In so einem Wildbienenhotel haben bis zu 1.500 Kokons Platz und da macht es nichts, wenn nicht alle Bienen im nächsten Jahr ausfliegen. Aber ich möchte die Wildbienen ja verbreiten und darum biete ich ihnen optimale Bedingungen.“
Zu den natürlichen Feinden der Wildbiene zählen nicht nur Schmarotzer, die sich in ihren Nestern zu schaffen machen, sondern vor allem Vögel und Ameisen. Erstere kann man mit einem grobmaschigen Hasengitter vom Hotel fernhalten, gegen die Ameisen hilft ein Leimring an der Stütze, damit sie nicht raufklettern und die Nester plündern können. Und wie so oft zählt der Mensch zu den Feinden, wenn er giftige Insektizide im Garten versprüht oder wenn zwischen Rasenmonokultur und Thujenhecke nichts Blühendes zu finden ist. Aber das ist ja im Naturgarten ohnehin nicht der Fall.
Wenn Sie sich Wildbienen als „Haustiere“ ansiedeln möchten – Johann Kainz freut sich über viele Mitglieder in seinem Verein, der 2013 als österreichisches UN-Dekadenprojekt „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet wurde.
Infos: www.wildbienengarten.at
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Autor: CHRISTIAN BRANDSTÄTTER