Eine Zukunft für alle
Immer bedrückender wirkt unser ökologischer Fußabdruck im Angesicht der Klimakrise. Doch wie könnte unser Leben innerhalb planetarer Grenzen aussehen?
Stell dir vor, dein Jahr hätte 96 Tage. Gerade wärmen die ersten Sonnenstrahlen die Haut, das Frühlingsgrün entfaltet sich und setzt zur Blüte an. Die Spaziergänge riechen nach feuchter Erde, nach Neubeginn und ein bisschen nach Bärlauch. Rauchschwalben ziehen grazil durch die Luft und im Garten zwitschert es. Und dann ist es plötzlich aus. Das Jahr ist vorüber. Keine Apfelblüte, keine lauen Sommerabende, keine mystische Herbststimmung, keine Weihnachtsvorfreude. Denn am 7. April haben wir Österreicher*innen bereits jene Ressourcen verbraucht, die uns pro Jahr zustehen. 3,8 Erden bräuchten wir, hätten alle unseren ökologischen und klimatischen Fußabdruck: 6,1 globale Hektar und 14,7 Tonnen CO2-Äquivalent geht auf jede unserer Kappen.
3,8
ERDEN BRÄUCHTEN WIR,
hätten alle unseren ökologischen und
klimatischen Fußabdruck
Wo ansetzen?
Zahlenmäßig ist es einfach – wir müssen unseren Flächenverbrauch auf 1,5 globale Hektar (gha) und unsere Emissionen auf 3,6 Tonnen CO2-Äquivalent (t CO2e) verringern.
Wortwörtlich würden wir damit Platz machen: für die Natur und für die anderen Menschen auf diesem Planeten. Platz, der diese Menschen ernähren könnte und ihnen denselben Lebensstandard zugestehen würde wie uns selbst. Für uns bedeutet das, auf vielen Ebenen umzudenken – bei unserer Ernährung, Mobilität, Wohnsituation, unserem Konsum und unserem „grauen Fußabdruck“ (siehe Beispielrechnung). Trotzdem gibt es auch Bereiche, in denen man schnell große Wirkung erzielen kann – so macht zum Beispiel unser Auto- und Flugverkehr ein Viertel unserer Klimawirkung und unsere fleischlastige Ernährung ein Viertel unseres Flächenverbrauches aus.
Die folgenden Grafiken zeigen, wie sich unser Verhalten auf den ökologischen und den CO2-Fußabdruck auswirkt. Wo würde es dir am einfachsten fallen, etwas zu verändern?
Leben innerhalb planetarer Grenzen
Aber wie könnte unser Leben auf kleinem Fuß konkret aussehen? Welche Maßnahmen
müssten wir setzen und wie viele Tage gewinnen wir dadurch? Eine Beispielrechnung:
Ernährung
+ 58 Tage für die Natur
+ 34 Tage fürs Klima
Lebensmittel: Regional, saisonal und bio einkaufen. So wenig Verpackung wie möglich nutzen und keine Lebensmittel verschwenden.
Gemüse, Obst und Getreide machen den Großteil der Ernährung aus, ergänzt durch:
250 Gramm Fleisch und Wurst
200 Gramm Fisch
250 Gramm Milchprodukte
2 Eier - pro Woche!
Lieblingsgetränke: Leitungswasser, Dicksäfte, Tee und Kaffee
Mehrweg-Flaschen
Wohnen
+ 37 Tage für die Natur
+ 38 Tage fürs Klima
Möglichst viel Infrastruktur und Quadratmeter gemeinsam nutzen, Wohnfläche an die Lebenssituation anpassen und bestehende Baugründe nutzen.
Denkbar sind verschiedene Wohnsituationen, z. B. 75-m2-Wohnung zu zweit oder ein 140-m2-Haus mit Garten zu viert.
Energiekennzahl: < 15 (Passivhaus)
Heizung mit Fernwärme, Wärmepumpe, Solarthermie oder Holz/Pellets
Raumtemperatur: 22°C, abgesenkte Nebenräume
Wasser: bewusster, sparsamer Umgang, z. B. durch Regenwassernutzung, Brauchwasser in WCs und Wasserspararmaturen
Warmwassererzeugung: mit der Heizung und/oder einer thermischen Solaranlage
Strom: Umweltzeichen-zertifizierter Ökostrom, sehr geringer Verbrauch durch wenige, energiesparende Geräte und Beleuchtung, niedrige Waschtemperaturen, Abschalten statt Standby
Wo möglich: Photovoltaik-Anlage mit Speicherlösung
Mobilität
+ 60 Tage für die Natur
+ 90 Tage fürs Klima
Autos werden gemeinsam oder im Carsharing genutzt, fahren mit Ökostrom und transportieren stets mehr als eine Person.
Die wichtigsten Ziele sind fußläufig und mit dem Fahrrad erreichbar.
Züge, öffentliche Verkehrsmittel und E-Bikes ergänzen die Individualmobilität, ermöglichen aktive Ausflüge und führen zu attraktiven Urlaubszielen.
Flüge sind innerhalb der planetaren Grenzen nur mit Kompensation möglich – jedoch ist die Menge an Emissionen, die wir ausgleichen können, auf ca. 10 Prozent des heutigen CO2-Fußabdrucks begrenzt – für weite Reisen braucht es technologische Innovation.
Konsum
+ 50 Tage für die Natur
+ 46 Tage fürs Klima
- reparieren statt wegschmeißen
- wenige und effiziente Neuanschaffungen
- funktionstüchtige Sachen weitergeben
- neues Smartphone frühestens alle vier Jahre
Kleidung: lange Nutzung und gerne Secondhand, für besondere Anlässe ausborgen
Alltagskonsum (z. B. Waschmittel, Spielzeug, Kosmetik oder Kinobesuche): < 100 Euro pro Monat
Papier: nicht erwünschte Werbesendungen abbestellen, Verpackungen und Kartone vermeiden, Recyclingpapier nutzen, Toiletten- und Küchenpapier sparsam einsetzen
Plastik: richtig trennen und plastikfrei einkaufen, auf die Recyclingfähigkeit von Kunststoffen achten
Restmüll: < als 1,5 kg pro Woche
Hobbys: Einfache Hobbys, die wenig Ausrüstung brauchen, wiederentdecken – z. B. Lesen, Singen, Malen, Gärtnern, Wandern, Computerspielen oder Schwimmen.
Für aufwendigere und selten genossene Hobbys die Ausrüstung mieten oder mit anderen, im Verein oder in der Nachbarschaft, teilen: z. B. Schifahren, Reiten, Heimwerken oder Klettern.
Urlaube: Bewusst ökologisch und möglichst einfach gestalten, z. B. Anreise und Mobilität vor Ort mit Öffis, umweltfreundliche Quartiere bevorzugen, Urlaub bei Freunden machen, Campen oder Quartier-Tauschbörsen nutzen.
Haustiere: Kleintiere und Aquarien haben einen geringen Fußabdruck, größere Tiere wie Hunde, Katzen oder Pferde nur als Familien- oder Gemeinschaftstiere.
Grauer Fußabdruck
+ 64 Tage für die Natur
+ 62 Tage fürs Klima
Der graue Fußabdruck ist jener Teil unserer Emissionen, der nicht einzelnen Personen zugeordnet werden kann, sondern durch uns als Gesellschaft entsteht. Dazu gehören zum Beispiel öffentliche Gebäude, Feuerwehr, Polizei, Bildungs- und Gesundheitswesen, Kultur- und Sporteinrichtungen sowie Versorgungsinfrastruktur (Wasser, Kanalisation, Stromleitungen).
Um diesen gemeinsamen Fußabdruck zu reduzieren, müssen wir gesellschaftlich und politisch aktiv werden. Maßnahmen umfassen zum Beispiel:
- Kreislaufwirtschaft konsequent umsetzen
- Wandel zu erneuerbaren Energieformen, Ökostrom in allen öffentlichen Einrichtungen
- Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Radwege
Quelle: bmk.footprint.at
So, oder so ähnlich könnte ein Leben mit den Ressourcen, die uns die Natur gibt, aussehen – 365 Tage lang. Je näher wir diesen Zielen kommen, umso mehr Menschen werden in den Ländern des Südens genug zu essen, sauberes Wasser, ein Dach über dem Kopf und Zugang zu Bildung haben. Stell dir vor, eine Welt ohne Ausbeutung. Jede*r einzelne von uns hat es in der Hand. Jeden Tag erneut. Bist du dabei?
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