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Gelsen, Bienen, Wespen - Was hat mich gestochen?

Insektenstiche sind lästig, aber meistens harmlos. Dr. Karin Steidl erklärt, was bei einem Insektenstich hilft und wann man Arzt oder Ärztin aufsuchen sollte.

Eine Hand mit einer Schwellung an einem Finger.
Foto: Inna Kozhina/Depositphotos

Wer Opfer einer Gelsenattacke wurde, bemerkt das oft erst etwas später. Nach dem Stich juckt die Stelle, ist gerötet und es bildet sich eine Quaddel.

Im Gegensatz zu einem Gelsenstich ist der Bienenstich deutlich unangenehmer und wird dadurch auch meist schneller bemerkt: Die Stelle schwillt stark an und ist gerötet. Recht eindeutig von anderen Insektenstichen zu unterscheiden ist der Bienenstich, da häufig der Stachel in der Haut bleibt. Nach einem Hornissenstich reagiert die Haut wie bei einem Bienen- oder Wespenstich. Wenn der Betroffene keine Allergie hat, bilden sich die Beschwerden rasch wieder zurück. Auch bei einer Hornissengiftallergie kann es im schlimmsten Fall zu einem allergischen Schock kommen. Eine Kreuzreaktivität kann auch zwischen Wespengift und Hornissengift auftreten. Eine Hyposensibilisierung gegen Hornissengift gibt es nicht.

Welche Symptome sind normal?

Bei einem Wespen- oder Bienenstich kommt es an der Einstichstelle zu einer Rötung und Schwellung der Haut, das bedeutet aber nicht, dass eine Allergie vorliegt. Als normale Reaktion auf einen Insektenstich bezeichnet man Reaktionen an der Einstichstelle und um das Stichereignis herum, dazu zählen Juckreiz, Schwellungen, Hitzegefühl, Schmerzen. Es gibt auch sogenannte überschießende (hypergene) Insektenstichreaktionen, bei denen die Rötung und Schwellung einen Durchmesser von über zehn Zentimeter einnimmt. Diese können länger als 24 Stunden bestehen, werden aber nicht zu den Insektengiftallergien im engeren Sinn gezählt, da es sich nicht um eine systemische Reaktion handelt.

Kälte gegen Schmerz und Schwellung

Lokale Kälteanwendung mittels Coolbag lindert den Schmerz an der Einstichstelle. Man kann auch einen dünnen Waschlappen mit kaltem Wasser befeuchten und auf die Einstichstelle für 10 bis 15 Minuten auflegen. Kühlen unterbrechen, wenn ein unangenehmes Gefühl auf der Haut entsteht um einen Schaden an der Haut zu vermeiden.

Allgemeine Tipps bei Insektenstichen:

  • Einstichstelle sauber zu halten verhindert eine Infektion.
  • Bei Juckreiz nicht an der Einstichstelle kratzen.
  • Sollte Schmuck an der Einstichstelle anliegen, dann diesen schnellst möglich entfernen, da die Einstichstelle anschwellen kann.

Entzündung oder schwerer Verlauf

Wenn die Schwellung, Juckreiz sowie Rötung nach einem Insektenstich nicht innerhalb weniger Tage abklingen oder sich sogar verschlimmeren, kann eine Entzündung vorliegen. Eine Entzündung nach Insektenstich entsteht hauptsächlich dadurch, dass Betroffene die juckende Einstichstelle aufkratzen. Eindringende Bakterien setzen dann Entzündungsprozesse in Gang. Ein entzündeter Insektenstich sollte von einem Arzt/einer Ärztin behandelt werden, da schwere Verläufe möglich sind.

Im schlimmsten Fall kann ein Stich zu einer Blutvergiftung (Sepsis) führen. Das ist eine komplexe, den ganzen Körper betreffende Entzündungsreaktion. Anzeichen dafür sind unter anderem hohes Fieber (oft mit Schüttelfrost), beschleunigte Atmung, beschleunigter Puls, Verwirrtheit und schlechter Allgemeinzustand.

Das gilt auch bei einer Insektengift-Allergie sowie für im Mund- oder Rachenraum auftretende Insektenstiche. Wespenstiche im Mund und Rachenraum sind auch für nicht-AllergikerInnen lebensgefährlich, da die Schwellung z.B der Zunge, oder des Gaumensegels so stark werden kann das die Atmung behindert wird. Bis zum Eintreffen des Notarztes können das Lutschen von Eiswürfel und kühlende Umschläge eine erste Hilfe sein.

Bienengiftallergie

Betroffene reagieren auf bestimmte Stoffe sogenannte Allergene im Bienengift. Nach einem Stich bildet der Körper zuerst Antikörper gegen die Allergene, die sogenannten IgE-Antikörper, diese führen bei einem neuerlichen Stich dann zu einer vermehrten Ausschüttung des Botenstoffs Histamin und dieser wiederum ist verantwortlich für die allergische Reaktion.

Welche Schritte sind notwendig, wenn Symptome einer Insektengiftallergie auftreten?

  • Stachel suchen und entfernen – wegschnippen ist besser als den Stachel zu packen, da dabei weniger Gift in die Wunde gedrückt wird.
  • Medikamente aus dem Notfallset einnehmen, wenn der Betroffene bereits wegen einer         Bienen- oder Wespenstichallergie behandelt worden ist.
  • Notarzt alarmieren, wenn in den ersten 15 Minuten Symptome einer Allergie auftreten.
  • Freihalten der Atemwege, sitzende Position einnehmen, enge Kleidung bei Atembeschwerden lockern.
  • Schocklagerung bei Anzeichen für einen Kreislaufschock (Rückenlage, Beine hochlagern).
  • Stabile Seitenlage bei Bewusstlosigkeit.
  • Wenn keine Lebenszeichen vorhanden sind – Wiederbelebungsmaßnahmen starten

Wann ist es ein Notfall?

Schwere allergische Reaktionen

Schwere allergische Reaktionen nach einem Bienen- oder Wespenstich treten in der Regel innerhalb von 15 Minuten auf. Wespen sind in Österreich die häufigsten Auslöser für allergische Reaktion nach bereits erfolgtem Wespenstich.

Wenn folgende Symptome kurz nach dem Wespenstich auftreten sollte ein Arzt/eine Ärztin bzw. der Rettungsdienst verständigt werden: Luftnot, Rötung am ganzen Körper, Schluck- und/oder Sprechbeschwerden, Schwellungen im Gesicht, Hals, Lippen, Zunge, Bewusstlosigkeit, Kaltschweißigkeit, Atem- und Kreislaufstillstand.

Anaphylaxie

Der anaphylaktische Schock ist die schwerstmögliche allergische Reaktion. Der menschliche Organismus reagiert auf das Insektengift in besonders schwerer Form. Es werden große Mengen Histamin freigesetzt - ein Botenstoff der unter anderem eine sofortige Erweiterung der Blutgefäße verursacht. Dadurch sinkt der Blutdruck schlagartig ab, das Herz beginnt schneller zu schlagen da es versucht den Blutdruck aufrechtzuerhalten. Der dramatische Blutdruckabfall bei einer Anaphylaxie kann einen Kreislaufzusammenbruch verursachen und in schweren Fällen tödlich enden.

Ein schwerer allergischer Schock führt bereits nach wenigen Minuten zur Bewusstlosigkeit oder sogar zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand.

Personen, die an einer Herz-Kreislauferkrankung leiden sind besonders gefährdet, hier besteht eine höhere Gefahr, dass eine allergische Reaktion auf ein Insektengift tödlich endet. Bei ersten Anzeichen für einen allergischen Schock sofort reagieren.

Ein EpiPen wird gegen den Oberschenkel einer Frau gedrückt.
Foto: Depositphotos.com/Robeo123

Lebensrettende Adrenalinspritze – der sogenannte EpiPen

Im Falle einer schweren allergischen Reaktion muss schnell gehandelt werden. Bei bekannter Bienen- oder Wespengiftallergie tragen Betroffenen häufig bereits ihre Notfallmedikamente mit sich. Das Notfallset besteht aus einer Adrenalinspritze (sogenannter EpiPen) für den lebensbedrohlichen Notfall, Antiallergikum (Antihistaminikum) in Form von Tropfen oder Schmelztabletten und ein Kortisonpräparat.

Nicht unterschätzen: Kortison-Wirkung tritt spät ein

Leichte allergische Symptome nach Stichen sind mit einem Antihistaminikum gut behandelbar. Kortison federt die akute Reaktion des Immunsystems ab und die Schwellungen bilden sich zurück. Bis die Medikamente allerdings ihre Wirkung entfalten vergeht eine Zeit – aus diesem Grund ist es ratsam die Medikamente sofort nach dem Stich einzusetzen.

Bei Menschen die besonders allergisch reagieren kann Adrenalin lebensrettend sein. Adrenalin verengt bei Abfall des Blutdrucks die Gefäße, dadurch kommt es zur Stabilisierung von Kreislauf und Blutdruck, die Atmung wird verbessert, da Adrenalin die Bronchien erweitert.

Allerdings ist für die Verabreichung der Adrenalinspritze (EpiPen) ist eine Einschulung hinsichtlich der Handhabung des/der Betroffenen selbst oder auch von Familienangehörigen notwendig!

Langfristige Behandlung von Bienen- und Wespengift-Allergie

Hauttests (Prick-test oder Intracutantest) geben einen ersten Hinweis ob eine Allergie vorliegt oder nicht. Die langfristige Behandlung von Bienen- und Wespengift-Allergie ist eine Allergie-Immuntherapie (Hyposensibilisierung). Durch die Behandlung mit natürlichen Allergenen ist es möglich gezielt einen körpereigenen Schutz aufzubauen. Die Hyposensibilisierung gegen Insektengift ist eine Allergie-Immuntherapie bei der der Körper behutsam an den auslösenden Giftstoff gewöhnt wird. Durch die Verabreichung von steigenden Mengen des Allergens entwickelt der Körper eine Toleranz, die allergischen Reaktionen nehmen ab.

Wie kann man Insektenstichen vorbeugen?

  • Insektengitter an Fenster und Türen anbringen.
  • Nie ein Wespennest selbst entfernen – von der Feuerwehr entfernen lassen.
  • Nie aus einer bereits geöffneten Dose oder Flasche trinken – Bienen Wespen Hornissen und Hummeln können sich darin verstecken und beim Trinken kommt es zu einem Stich.
  • Beim Essen und Trinken im Freien Gläser Schüssel usw. abdecken.
  • Obst und süße Getränke im Kühlschrank aufbewahren.
  • Gleich nach dem Essen den Tisch abräumen, Mund und Hände waschen.
  • Fernhalten von Abfalleimern.
  • Hektische Bewegungen in der Nähe von Wespen oder Bienen vermeiden - nie nach Wespen oder Bienen schlagen, sondern ruhig bleiben, langsame Bewegungen machen.
  • Schuhe auf Wiesen und im Garten tragen, anstatt barfuß zu laufen, insbesondere auf Blumenwiesen.
  • Auf duftende Haarsprays, Parfums oder Kosmetikprodukte verzichten da der Duft Wespen anzieht.
  • Fallobst von Obstbäumen regelmäßig entfernen und entsorgen.
  • Nie zu nahe an ein Wespen- oder Bienennest herantreten da sich die Tiere sonst gestört fühlen. Die Grenze liegt bei 5 Meter Abstand.
  • Allergiepass immer bei sich tragen, damit im Falle eines allergischen Schocks SanitäterInnen oder NotärztInnen wissen, auf welches Insektengift der/die Betroffene reagiert und so eine rasche Versorgung mit dem richtigen Medikament möglich ist.
Eine Frau mit langen braunen Haaren und einem weißen Poloshirt.
Foto: HF Pictures

OÄ Dr. Karin Steidl

Abteilung für Innere Medizin

Barmherzige Brüder Krankenhaus, St. Veit/Glan

www.barmherzige-brueder.at