Südwind vergleicht Fairtrade mit Rainforest Alliance
Verbindliche Lohn- und Arbeitsstandards und unabhängiges Monitoring bringen deutliche Vorteile für Fairtrade
Berichte über soziale und ökologische Missstände auf konventionellen Bananenplantagen stehen immer noch auf der Tagesordnung. Dazu zählen Hungerlöhne, Gewerkschaftsverbote, intensiver Pestizideinsatz, mangelhafte Schutzkleidung bis hin zu sexueller Belästigung und genderspezifischer Diskriminierung am Arbeitsplatz.
"Ein genauer Blick auf’s Etikett lohnt sich"
„Im risikoreichen Bananengeschäft stellen unabhängige Zertifizierungen eine wichtige Orientierungshilfe für Konsumentinnen und Konsumenten dar und können Arbeitsbedingungen und damit das Leben von Menschen in den Anbaugebieten entscheidend verbessern“, sagt Gudrun Glocker, Expertin für gerechte Ernährung bei Südwind. In Österreich ist der Großteil der nicht-konventionellen Bananen von Fairtrade oder Rainforest Alliance zertifiziert. „Die Standards der beiden Gütesiegel enthalten entscheidende Unterschiede. Ein genauer Blick auf’s Etikett lohnt sich.“
Gütesiegel für fairen und nachhaltigen Handel im Vergleich
Fairtrade versteht sich als Zusammenschluss von Produzentenorganisationen aus Ländern des Globalen Südens sowie Initiativen für fairen Handel in den Absatzländern. Kernarbeitsnormen der International Labour Organisation (ILO) sind im Standard verankert und Arbeiter*innen auf den Plantagen erhalten existenzsichernde Löhne. Vereinigungen und Gewerkschaften werden aktiv gefördert, es gibt ein unabhängiges Beschwerdemanagement. Im Kern des Fairtrade-Standards steht die Zahlung eines garantierten Mindestpreises – unabhängig vom Weltmarktpreis – der die Lebenshaltungs- und Produktionskosten der Produzent*innen decken soll. Zudem muss eine Preisprämie, die so genannte Fairtrade-Prämie, gezahlt werden.
"Das Fairtrade-Gütesiegel genießt zu Recht
eine hohe Glaubwürdigkeit"
Die deklarierten Hauptziele von Rainforest Alliance sind der Schutz des Regenwaldes und seiner Biodiversität, die Abschwächung des Klimawandels und die Verringerung der Armut der indigenen Bevölkerung. Die Richtlinien basieren unter anderem auf den ILO-Kernarbeitsnormen, beinhalten aber keine Verpflichtung von existenzsichernden Löhnen. Diese sind nur ein selbstgewähltes Kriterium für die zertifizierten Unternehmen. Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen werden nicht aktiv gefördert, es gibt allerdings ein unabhängiges Beschwerdemanagement.
Der Standard fordert den Schutz bestehender natürlicher Ökosysteme. Maßnahmen zur Reduktion von klimarelevanten Treibhausgasen sind ein freiwilliges Kriterium. Es gibt akkreditierte Zertifizierungsstellen, die Feld-Audits durchführen, allerdings ohne hinreichende Einbeziehung lokaler Akteur*innen wie Gewerkschaften. Vertrauliche Interviews mit Arbeiter*innen über ihre Situation sind nicht verpflichtend.
„Das Fairtrade-Gütesiegel genießt zu Recht eine hohe Glaubwürdigkeit“, so die Einschätzung von Südwind-Expertin Glocker. „Verschiedene Stakeholder, aber auch die Produzent*innen, werden in Entscheidungsprozesse einbezogen, Monitoring- und Evaluierungsprozesse hinsichtlich der Wirkungen des Standards werden durchgeführt, eine Zusammenfassung der Ergebnisse ist öffentlich zugänglich.“
Was Konsument*innen tun können
Die globale Bananen-Lieferkette ist seit jeher geprägt von enormer Machtkonzentration. Waren es bis vor ein paar Jahren noch Lebensmittel-Großkonzerne wie Chiquita oder Del Monte, so sind es heute verstärkt Einzelhandelsunternehmen, die vom Import bis hin zur Reifung große Teile der Bananen-Lieferkette beherrschen. Diese Vormachtstellung ermöglicht es den Supermärkten, einen enormen Preisdruck auszuüben, der sich wiederum negativ auf Arbeitsbedingungen und Löhne in den Anbauländern auswirkt. Südwind fordert daher einen Systemwandel im Ernährungssystem – mit einem ambitionierten Lieferkettengesetz, das Unternehmen effektiv in die Verantwortung nimmt, eine zivilrechtliche Haftung enthält und die gesamte Wertschöpfungskette umfasst.
Darüber hinaus können auch Konsument*innen etwas verändern: „Der Griff zu bio-zertifizierten Fairtrade-Bananen macht einen Unterschied. Wenn das Supermarkt-Angebot zu wünschen übriglässt, kann eine E-Mail an das Unternehmen oder ein Posting auf dessen sozialen Netzwerken etwas bewirken“, sagt Gudrun Glocker. „Auch aktives Nachfragen, woher die Bananen kommen und ob bekannt ist, unter welchen Bedingungen sie angebaut wurden, schafft Bewusstsein für die weitreichenden Probleme im Bananenanbau.“