"Tourists go home!"
An vielen Orten leiden die Einheimischen unter der Touristenflut und protestieren dagegen. "Over Tourism" ist das neue Schlagwort. Was wir mit unserem eigenen Reiseverhalten gegen die Überlastung touristischer Hotspots tun können.
Der Tourismus im Zweispalt – auf der einen Seite meldet die Tourismusbranche laufend Rekorde, auf der anderen Seite häufen sich die Meldungen über Einheimische, die gegen die Touristenflut auf die Barrikaden gehen. Zusätzlich nehmen die durch den Tourismus verursachten Treibhausgasemissionen radikal zu – ebenfalls mit massiven negativen Auswirkungen auf das Leben der Menschen in vielen Tourismusdestinationen.
Einheimische als Statisten
Was ist schiefgelaufen? "Die Gründe für diese Entwicklung sind sicherlich vielschichtig – und da spielen auch fehlende Planung und unzureichendes Management sowie mangelnde Partizipation der Bevölkerung bei der Tourismusentwicklung eine Rolle", sagt die Tourismusexpertin Cornelia Kühhas von der Naturfreunde Internationale – respect. "Eine Ursache liegt in unserem Konsumverhalten. Wir leben in einer Konsumgesellschaft und diese macht auch vor dem Reisen nicht Halt. Urlaub wird mehr und mehr zum alltäglichen Konsumgut, während er früher noch häufig als Luxus empfunden wurde."
Kürzer, schneller, billiger …
Der Trend geht zu Kurzurlauben, und das mehrmals pro Jahr. Das große Angebot an Billigurlauben feuert diese Entwicklung noch an. Und so strömen die Touristenmassen in der Hauptsaison zu den Stränden und Sehenswürdigkeiten, um schnell ein paar Fotos zu machen und diese via Social Media im Freundeskreis zu verbreiten – bevor es zum nächsten touristischen Highlight weitergeht. Nur Wenige nehmen sich noch die Zeit, sich auf die Reise vorzubereiten, sich mit dem Gastland auseinanderzusetzen, sich auf seine Menschen und seine Kultur einzulassen … Die Destinationen werden zur Fotokulisse, die einheimische Bevölkerung wird zu Statisten degradiert.
Die Macht der Reisenden
Neben den Einheimischen haben zunehmend auch die Reisenden selbst das Gefühl, dass zu viele TouristInnen unterwegs sind. So sind laut einer Studie, die für die ITB durchgeführt wurde, 25 Prozent der Befragten der Meinung, dass ihre Reisedestination überfüllt war. Ein Paradoxon, sind sie doch selbst Teil des Problems.
Cornelia Kühhas appelliert an die Reisenden: "Jede/r kann seinen Beitrag leisten, dass sich das Blatt im Tourismus wendet, hin zu einem Tourismus, von dem alle Beteiligten profitieren, und der die Natur und Ressourcen bestmöglich schont. Nehmen Sie sich Zeit – für Begegnungen mit der lokalen Bevölkerung, für das Eintauchen in die Kultur und Landschaft, auch abseits der touristischen Trampelpfade. Nächtigen Sie beispielsweise in privaten Pensionen oder besuchen Sie von Einheimischen geführte Lokale, so kann auch die lokale Bevölkerung von Ihrem Besuch profitieren.“ Und wenn man einer längeren Reise anstatt vieler kurzer Wochenendtrips den Vorzug gibt, fallen auch wesentlich weniger Treibhausgasemissionen für die Anreise an.
Lesetipp:
Broschüre "Reisen mit Respekt"