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Lehm - der Zauber des Natürlichen

Lehm ist gut fürs Raumklima und sorgt für eine behaglich Atmosphäre. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie beim Baustoff Lehm achten sollen und wie Sie damit besondere Akzente setzen.

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Foto: ATOS Architekten ATOS Architekten

Feucht und klebrig – das sind die ersten Assoziationen, die man mit Lehmböden verbindet. Und es sind Eigenschaften, welche die Menschen schon vor 9.000 Jahren auf die Idee brachten, Lehm für ihre Bauwerke zu verwenden. So entstanden im Laufe der Geschichte neben einfachen Lehmbehausungen und Lehmpyramiden (Túcume in Peru) sogar ganze Stadtteile aus Lehm: Die Hochhäuser in Shibam (Jemen) zählen zu den ältesten der Welt und wurden vor über 500 Jahren aus Lehm und Holz errichtet. Jede Kultur hat dabei ihre ganz eigenen Techniken entwickelt, so sind in Europa die Fachwerkhäuser entstanden und haben als sichtbare Zeichen der Lehmbaukunst überdauert. Weltweit leben etwa zwei Drittel der Menschen in Häusern, die ganz oder teilweise aus Lehm gebaut wurden.

Lehm ist in fast allen heißen und gemäßigten Klimazonen der Erde reichlich vorhanden. Deshalb zählt er noch heute zu den meistgenutzten Baumaterialien der Welt. Das Gemisch aus Ton, Schluff und Sand ist über Jahrmillionen durch die Verwitterung anderer Gesteine entstanden. Als Bindemittel zwischen den groben Bestandteilen fungieren die im Ton enthaltenen Minerale. Lehmböden weisen oft die gesamte Skala der Erdfarben auf, von Weiß, Hellbeige, Gelb über Ocker und Braun bis zu Graublau und Rot. Im feuchten Zustand ist Lehm ein bildsamer Baustoff, der durch Lufttrocknung hart und tragfähig wird.

Als im Laufe der Zeit neue und industriell gefertigte Produkte auf den Markt kamen, wurde der Lehm verdrängt und war zu Unrecht sogar als Arme-Leute-Baustoff verpönt. Das änderte sich in den 1980er Jahren. Die Ökobewegung erkannte den Wert des natürlichen Baustoffs wieder und er fand zurück in die Häuser. Anfangs wurde viel experimentiert, um den Lehm in die heutigen Ansprüche des Bauen und Wohnens zu integrieren. Da kam es auch mal vor, dass der gesamte Lehmputz samt Armierung wieder von der Wand fiel, weil die Trocknungsphase zu starken Spannungen führte und der Untergrund nicht kompatibel war. Mittlerweile sind diese Kinderkrankheiten großteils überwunden, man weiß, mit welchen Materialien Lehm kombiniert werden kann und wie die besten Ergebnisse erzielt werden.

Umweltfreundlich und ressourcenschonend

Regional verfügbar und haltbar, ganz ohne chemische Konservierungsmittel – das macht den Lehm so umweltfreundlich. Lehm punktet im Hinblick auf Klimawandel und Energieverbrauch, weil er wenig Energie zur Gewinnung und Verarbeitung braucht. Der natürliche Kreislauf von Lehmprodukten schließt sich bei der Entsorgung. Im sortenreinen Zustand sind diese immer wieder recycelbar. Es fällt kein Müll an.

Lehm speichert und bindet Schadstoffe
Beim Duschen oder Kochen entsteht über kurze Zeit viel Wasserdampf, der an kalten Flächen, wie Glas oder schlecht gedämmten Außenwänden kondensiert. Grob gerechnet kann man davon ausgehen, dass einmal Duschen 0,5 Liter Wasserdampf produziert, das Kochen eines Mittagessens etwa einen Liter. Lehm ist in der Lage, dieses Wasser aus der Luft aufzunehmen, zu speichern und verzögert abzugeben, wenn die Luft im Raum wieder trocken wird. Eine mit Lehm verputzte Fläche von zehn Quadratmetern kann innerhalb von zwei Stunden etwa 0,2 Liter Wasser aufnehmen, das ist etwa dreimal soviel, wie gängige Kalk-Zement- oder Gipsputze. Stark sorbierende Lehmputze bringen es sogar auf 0,3 Liter und in einem Zeitraum von 12 Stunden auf 0,7 Liter.

Autorin: Annemarie Herzog

Auszug aus der Coverstory. Den ganzen Artikel finden Sie in der LEBENSART 1/2016.