Auf ein langes Leben! So erkennt man Qualität
Langlebige und reparierbare Produkte sind gut für die Umwelt und sparen Geld. Konsumentinnen und Konsumenten haben es aber oft schwer, Qualität zu erkennen. Wir zeigen, worauf es ankommt.
Ein dumpfes Brummen, das nach einer halben Minute wieder verstummt. Um wenig später von Neuem einzusetzen. Was auch immer dahinter steckt, es klingt nicht gut. Ein Blick in den Geschirrspüler bestätigt die Vermutung: Er wäscht nicht so, wie er soll. „Kaputter Dichtungsgummi“, stellt der Techniker vom Reparaturdienst fest. „Dadurch läuft Wasser aus und die Maschine stoppt das Programm.“ Für knapp dreihundert Euro wechselt er das defekte Teil und bringt den Geschirrspüler wieder zum Laufen. „Zum Glück haben Sie ein Qualitätsprodukt, da zahlt sich eine Reparatur aus.“ Einen billigen Geschirrspüler hätte er vermutlich nicht mehr zum Laufen gebracht, meint der Techniker. Denn: „Wenn da was kaputt ist, muss man oft das ganze Gerät entsorgen.“
Geld sparen mit langlebigen Produkten
Teure Markenprodukte bürgen für Qualität, billige Geräte sind Ramsch, geben nach kurzer Zeit den Geist auf und lassen sich nicht reparieren. Stimmt diese Gleichung? Die Antwort ist nicht eindeutig. Je nach Produktkategorie schneiden auch günstige No-Name-Produkte bei unabhängigen Testungen nicht so schlecht ab, manchmal sogar besser als ihre Markenkollegen. Und: Wir alle haben die Erfahrung gemacht, dass ein hoher Preis keine Garantie für Qualität ist. Tendenziell, sagt Reparaturexperte Markus Piringer von der UMWELTBERATUNG, sei es aber schon so, dass das, was billig ist, weniger langlebig und häufig schlechter zu reparieren ist. „Leider werden aber vor allem in Privathaushalten Kaufentscheidungen meistens auf Basis des Preises getroffen. ‚Blöd werd‘ ich sein‘, denken viele, wenn sie sich zwischen einer Waschmaschine um 300 und einer um 800 Euro entscheiden müssen, und kaufen die billigere.“ Auf lange Sicht könne das aber teurer kommen. Das zeigen auch zwei aktuelle Studien aus Deutschland und Frankreich. Produkte mit langer Nutzungsdauer sparen nicht nur Ressourcen und sind deshalb gut für die Umwelt, sondern können auch Geld sparen. Bei Smartphones ist die Kostenersparnis besonders groß, wenn man das Gerät lange nutzt und sich bei Defekten kein neues kauft, sondern reparieren lässt.
Qualität schwer zu erkennen
Allein wie finden Konsumentinnen und Konsumenten heraus, ob das Smartphone, das sie kaufen wollen, in drei, fünf oder sechs Jahren noch funktioniert? Woher wissen sie, dass es für die neue Waschmaschine auch später noch erschwingliche Ersatzteile geben wird? „Zuverlässig die Qualität festzustellen, ist für Laien bei vielen Produkten, vor allem aber bei elektronischen Geräten, fast unmöglich“, sagt Markus Piringer. „Leichter geht das noch bei Produkten, die mechanisch verstehbar sind. Auch bei Möbeln kann man eher erkennen, wie stabil sie gebaut und wie ordentlich sie geleimt sind. In ein elektronisches Haushaltsgerät, in einen Laptop oder ein Handy kann man aber nicht hineinschauen.“ Ob hochwertige oder billige Komponenten verbaut wurden, sieht man von außen nicht. Wer etwas über die Qualität eines bestimmten Gerätes erfahren will, kommt nicht umhin, sich umfassend zu informieren. Spezifische Hilfen, die die Kaufentscheidung erleichtern können, gibt es nur vereinzelt, so wie die Broschüre zum Kauf langlebiger Waschmaschinen der UMWELTBERATUNG. Dort erfahren Konsumentinnen und Konsumenten unter anderem, warum ein mechanischer Türverschluss von Vorteil und ein geschraubter Motor besser ist als ein genieteter. Und wie man eine Waschmaschine so pflegt, dass sie viele Jahre lang gut funktioniert. Dass es Konsument*innen derartig schwer gemacht wird, qualitativ hochwertige Produkte zu erkennen, müsse geändert werden, sagt Piringer. „Es bräuchte eine Kennzeichnung auf den Produkten, so ähnlich wie es sie auch bei der Energieeffizienz gibt. Ein verpflichtendes Label, an dem die Langlebigkeit und Reparierbarkeit abgelesen werden können. Frankreich ist da Vorreiter und hat schon ein entsprechendes Gesetz erlassen.“
Augen auf beim Gerätekauf!
Ein genauer Blick vor dem Kauf hilft, die Langlebigkeit und Reparierbarkeit einzuschätzen.
Fragen Sie sich bei digitalen Geräten wie Smartphones oder Laptops:
- Ist das Gerät (leicht) zu öffnen?
- Sind die Komponenten gut erreichbar und (auch unabhängig voneinander) austauschbar?
- Kann für eine Reparatur gängiges Werkzeug verwendet werden?
- Wie steht es um die Aufrüstbarkeit?
- Gibt es Ersatzteile?
Viele Infos zur Reparierbarkeit finden Sie auf www.ifixit.com.
Fragen Sie sich bei Haushaltsgeräten wie Waschmaschinen, Stabmixern oder Geschirrspülern:
- Wie lange garantiert der Hersteller für Ersatzteilverfügbarkeit?
- Wie schnell reagiert der Kundendienst, mit welchen Kosten ist bei Reparaturen zu rechnen?
- Wie muss das Gerät gepflegt und gewartet werden, damit es möglichst langlebig ist?
- Lässt sich das Gerät aufschrauben?
Reparatureinrichtungen finden Sie zum Beispiel auf www.reparaturnetzwerk.at.
Eine Broschüre mit Tipps zum Kauf einer Waschmaschine kann hier heruntergeladen werden.
Modeindustrie nicht an Haltbarkeit interessiert
Qualität erkennen: Das geht bei Kleidung etwas leichter. Wie fest der Stoff eines T-Shirts ist, wie sorgfältig die Nähte einer Bluse genäht wurden, können Konsument*innen mit etwas Übung selbst sehen. „Jeans mit Pre-washed-Effekt zum Beispiel, deren Stoff mechanisch vorbehandelt und angeraut wurde, werden schneller kaputt“, sagt Michaela Knieli, Expertin für Textilien bei der UMWELTBERATUNG. Sie empfiehlt, das Material bei Kleidungsstücken genau unter die Lupe zu nehmen. Pauschal könne man nicht sagen, dass eine bestimmte Faser besser als eine andere sei. „Bei Baumwolle beispielsweise gibt es große Unterschiede in der Qualität, die von der Art des Anbaus und der Weiterverarbeitung der Fasern abhängt. Hier wird oft gespart.“ Knieli spricht das aus, was Konsumentinnen und Konsumenten ohnehin vermuten: Die Qualität von Kleidungsstücken habe sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert. Und das nicht zum Besseren. „Die Modeindustrie ist nicht an Haltbarkeit interessiert“, sagt Knieli. Modetrends wechseln schnell. Selbst wenn Kleidung nicht kaputt ist, wird sie ausgemistet, weil sie unmodisch geworden ist.
Fragen Sie sich bei Textilien:
- Aus welchem Material besteht das Kleidungsstück?
Wolle, Seide, Leinen, Viskose oder Baumwolle sollten den Hauptanteil des Kleidungsstücks ausmachen. Kunstfasern können die Haltbarkeit von Naturfasern erhöhen – ein (kleiner) Anteil Polyester oder Acryl ist also in Ordnung. - Wie fühlt sich der Stoff an?
Acryl und Wollmischungen neigen bei schlechter Qualität zu Fusselbildung. Test: Reiben Sie zwei Stoffschichten für einige Sekunden mit etwas Druck aneinander. Bilden sich Kügelchen, lassen Sie lieber die Finger davon. Stoffe wie Viskose, die leicht knittern, sollten den Knittertest bestehen: Das Material in der Faust zusammenknüllen – springt es danach annähernd glatt zurück, spricht das für Qualität. - Stimmt der Fadenlauf?
Bei T-Shirts sollten die feinen Maschen gerade und nicht diagonal verlaufen – sonst verzieht sich das Gewebe nach einigen Wäschen. - Wie ist die Naht verarbeitet?
Eine kleine, gleichmäßige Stichlänge und eine glatt liegende Naht sind gute Zeichen. Wenn Sie den Stoff an den Nähten etwas auseinanderziehen, dürfen sich keine Risse im Gewebe bilden. - Lassen sich Reißverschlüsse problemlos öffnen und schließen? Stimmt der Halt vom Knopf im Knopfloch – nicht zu leicht, aber auch nicht zu mühevoll zu öffnen? Gibt es Ersatzknöpfe?
- Gibt es modische Effekte (Pre-washed, Löcher, Risse), die die Langlebigkeit einschränken?
- Bei Kinderkleidung: Sind stark beanspruchte Stellen wie die Knie bei Hosen verstärkt?
Eine Orientierungshilfe beim Erkennen von Qualität können unabhängige Tests sein: Produkttests und ihre Ergebnisse finden Sie auf www.konsument.at und www.test.de.
Lebensdauer bewusst eingeschränkt?
Ob Stabmixer oder Skinny-Jeans, Handy oder Flachbildschirm: Viele Gebrauchsgegenstände werden schneller defekt, als uns lieb ist. Fast hat es den Anschein, ihre Lebensdauer werde von den Herstellern bewusst eingeschränkt und ende konsequenterweise kurz nach Ablauf der Garantiefrist. Werden Produkte tatsächlich so hergestellt, dass sie nach einer bestimmten Zeitspanne unbrauchbar und irreparabel werden? Von einer absichtlichen Obsoleszenz will Markus Piringer nicht sprechen. „Tatsache ist aber zumindest, dass man in Kauf nimmt, dass die Dinge kaputt werden, wenn man billig produziert.“ Vor dem Hintergrund eines Wirtschaftssystems, das auf Wachstum ausgerichtet ist, sei das nachvollziehbar: In einem gesättigten Markt müssen kurzlebigere Produkte verkauft werden, wenn man mehr verkaufen will. Aus ökologischer Perspektive sei das fatal. „Mein Handy ist plötzlich nichts mehr wert, weil es keine Updates oder keinen Akku mehr dafür gibt. Ich muss mir also ein neues kaufen, um den Wert zu erhalten. Das ist absurd. Viel sinnvoller wäre es, zu einer werterhaltenden Wirtschaft zu kommen.“
Auf die Reparierbarkeit achten
Es greift zu kurz, Qualität allein als einwandfreies Funktionieren eines Dinges zu definieren. Genauso wichtig ist, dass es repariert werden kann, wenn es kaputt ist. Darauf sollten Konsumentinnen und Konsumenten bereits vor dem Kauf achten, sagt Markus Piringer. Das sei zwar auch schwierig zu beurteilen, einige Hinweise darauf gebe es aber. Piringer rät, bei elektronischen Geräten zu prüfen, ob diese überhaupt geöffnet werden können, ohne dabei zerstört zu werden. Darüber hinaus könne man sich folgende Fragen stellen: „Kann man die einzelnen Bestandteile im Inneren des Gerätes gut erreichen? Gibt es überhaupt Ersatzteile und sind diese auch in zehn, fünfzehn Jahren noch zu bekommen? Sind diese Ersatzteile schnell lieferbar? Das ist vor allem bei Handys wichtig, bei denen man nicht ein, zwei Monate darauf warten möchte, bis das Ersatzteil kommt.“ Auf Webseiten wie www.ifixit.com wird die Reparierbarkeit von Smartphones, Tablets und Laptops unterschiedlicher Marken bewertet, indem Punkte vergeben werden. Punkte bekommt ein Gerät zum Beispiel dann, wenn es einfach zu öffnen ist, die einzelnen Komponenten leicht erreichbar sind oder ein hilfreiches Handbuch vorhanden ist.
Lebensdauer verlängern
Auch die Lebensdauer von Kleidungsstücken kann erheblich verlängert werden, wenn geplatzte Nähte oder Löcher ausgebessert und Flecken kreativ überstickt werden. Ideen dafür finden sich im Internet genug. Nicht zuletzt kann durch Wartung und Pflege viel dazu beigetragen werden, Gebrauchsgegenstände möglichst lange zu nutzen. Kleidung muss nicht unbedingt nach einmaligem Tragen gewaschen werden, Wasserkocher sollten entkalkt und Geschirrspüler in regelmäßigen Abständen mit Spezialreiniger gereinigt werden. Letzteres empfiehlt auch der Techniker vom Reparaturdienst: „So wird das Fett entfernt, das sonst die Gummidichtung angreifen kann.“ Zum Schluss weist er noch darauf hin, dass die Dreharme des Geräts vermutlich irgendwann defekt werden. „Die kann man aber sehr günstig nachkaufen und selber auswechseln. Mich brauchen sie dafür nicht.“
Heute kaufe ich nichts
Wir wissen um die negativen Auswirkungen unseres Konsumverhaltens und shoppen trotzdem munter weiter. Warum wir so oft dem Konsumrausch erliegen und wie „guter Konsum“ aussehen kann.
Vermutlich ist es unseren Vor-, Vor-, Vorfahren auch so ergangen, wenn sie nach erfolgreicher Jagd ihre Beute nach Hause geschleppt haben: bis unter die Haarwurzeln geflutet mit Dopamin, ein breites Grinsen im Gesicht, das frisch erlegte Wildschwein stolz vor sich hertragend. Auf Wildschweinjagd gehen heute nur noch wenige. Moderne Menschen jagen nach Schnäppchen, holen sich ihren Dopaminkick beim Online-Shoppen, an der Kassa im Fast-Fashion-Store oder im Laden für fair gehandelte Mode. Das beschert ihnen ein Gefühl von Befriedigung. Studien zeigen, dass Shoppen glücklich macht. Auch dann, wenn der Kleiderkasten daheim überquillt und man den neuen Reiskocher („Er war im Angebot!“) nie verwenden wird.
Glücklich durch Shoppen
„Shoppen versetzt einen kurzen Kick, der aber oft schon vorbei ist, wenn man aus dem Laden rausgeht“, sagt Umwelt-Aktivistin Nunu Kaller, die in ihrem neuen Buch „Kauf mich!“ der Frage nach dem guten Konsum nachgeht. Weil das Glücksgefühl nicht lange anhält, will man es schnell wieder herbeiführen und kauft weiter ein. Das birgt Suchgefahr. Denn wer möchte nicht dauerhaft glücklich sein? Sich nach einem stressigen Arbeitstag beim Online-Shoppen belohnen, der Welt zeigen, was man sich alles leisten kann, Traurigkeit kompensieren, durch Konsumgüter vermitteln, wer man ist: All das können Motive sein, etwas zu kaufen. Motive, die die Werbung geschickt aufgreift, um Menschen wieder und wieder und wieder zum Konsumieren zu bringen. Auch wenn sie eigentlich nichts brauchen.
Brauche ich das wirklich?
Es ist unvermeidbar, sich mit den eigenen Kaufmotiven auseinanderzusetzen, wenn man sich aus ethischen oder ökologischen Gründen – oder weil Wohnung und Schränke aus allen Nähten platzen – entschließt, weniger zu kaufen. Die Frage „Brauche ich das wirklich?“ vor dem Kauf kann ein guter Anfang sein. „Sie zu beantworten, setzt voraus, dass ich wirklich ehrlich mit mir selber bin“, sagt Nunu Kaller. Auf die Frage, was „guter Konsum“ sei, findet Kaller übrigens keine eindeutige Antwort. Fest steht: Zwar ausschließlich fair gehandelte und nachhaltig produzierte Güter zu kaufen, die aber massenhaft, ist nicht genug. „Es geht um Reduktion. Wir brauchen weitaus weniger, als wir kaufen.“ Und was man tatsächlich braucht, muss man nicht immer kaufen. Leihen, tauschen oder teilen sind mögliche Alternativen, um an das zu kommen, was man benötigt.
Kaller weiß aus eigener Erfahrung, wie es ist, sich zu stark übers Konsumieren zu identifizieren. „Dabei vergessen wir, dass wir auch eine ganz andere Rolle haben, nicht nur die des Konsumenten, der Konsumentin. Wir haben zum Beispiel auch eine politische Stimme oder die Rolle als Nachbarin oder Freund.“ Was den Dopaminkick angeht: Nicht nur Konsum sorgt für gute Gefühle. „Die bekommt man auch beim Sex, durch viel Bewegung oder ein schönes Abendessen.“
Buchtipp: Nunu Kaller. Kauf mich! Auf der Suche nach dem guten Konsum. Verlag Kremayr & Scheria.
Sandra Lobnig