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Die Rolle der Umwelt-NGOs in UVP-Verfahren

Das Standortentwicklungsgesetz und die UVP-Novellierung sorgen für massive Kritik. Demnach erhalten NGOs erst ab 100 Mitgliedern Parteien­stellung in UVP-Verfahren und wirtschaftlich wichtige Projekte sollen schneller genehmigt werden. Was sagen Umweltschützer?

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Paul Enzendorfer

Paul Enzendorfer, Verein Grüngürtel statt Westspange, Steyr

Ich gehe gern mit meinem Hund im Grüngürtel westlich von Steyr spazieren. Da hoppeln noch Hasen, man kann Rehe beobachten. Dieses Idyll soll nun der Westspange Platz machen. Diese Straße ist Teil einer geplanten Transitroute von Norddeutschland zum slowenischen Hafen Koper. Hierher brauchen Überseeschiffe um acht Seetage weniger als nach Hamburg. Kein Wunder, dass die Transportwirtschaft großes Interesse daran hat. Der LKW-Verkehr wird massiv ansteigen.

Für uns Anrainer war klar, dass wir uns wehren müssen. Weil wir als Bürgerbewegung bei Land und Stadt nicht gehört wurden, haben wir um Anerkennung des NGO-Status angesucht und diesen auch erhalten. Mittlerweile sind wir beim Verwaltungsgerichtshof. Da wird verhandelt, ob das Vorhaben überhaupt UVP-pflichtig ist.

Wir haben Petitionen mit über 1.000 Unterschriften organisiert, an Verhandlungen teilgenommen und Unterlagen vorbereitet. Allein an den Verhandlungsvorbereitungen haben drei Leute zwei Wochen lang hart gearbeitet. Die neue UVP-Regelung bringt einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand. 100 offizielle Mitglieder zu halten, ist alleine schon deshalb schwierig, weil zwar viele Menschen hinter einer Sache stehen, aber Scheu davor haben, ihre Daten öffentlich zu machen. Das wird Organisationen weiter schwächen und ohne harten Kern an engagierten Menschen fehlt der lange Atem, solche Verfahren durchzustehen.


 

Wolfgang Rehm
Wolfgang Rehm, Virus. Foto: MILLIREHM

Wolfgang Rehm, Virus - Verein Projektwerkstatt für Umwelt und Soziales

Wir sind zwar von der 100-Mitglieder-Grenze nicht betroffen, aber ich erachte sie dennoch für willkürlich. Man will damit den Organisationen zuerkannte Rechte wieder wegnehmen.

Umweltschutz ist eine Überlebensfrage für die Menschheit. Keinesfalls ist es ein Thema, das man in Sonntagsreden loben und sobald es ein Hindernis darstellt, wieder wegschieben darf. Dem Umweltschutz seinen Platz zu verschaffen, das ist seit 34 Jahren Teil meiner Motivation.

Ich beobachte eine Forderung nach Perfektion im individuellen Bereich. Die Menschen konzentrieren sich drauf, wie sie wohnen, sich ernähren und kasteien sich selbst. Aber Konzerne machen vieles von dem wieder zunichte, was einzelne Bürger erreicht haben. Wir müssen den Umweltschutz in der Öffentlichkeit halten und nicht ins Private verbannen!

Bezogen auf die neuen Gesetze fordern wir strukturierte Verfahren mit einem raschen, qualitätsvollen Ablauf. Wichtig ist dabei Ergebnisoffenheit, die jetzt fehlt. Unsere Aufgabe ist es, umweltschädlichen Projekten entgegenzutreten bzw. sie zu verbessern. Das ist unmöglich, wenn die maßgeblichen Gutachten erst bei der Verhandlung verfügbar sind, aber darauf mit Gutachtern reagiert werden muss. Dass sich die Genehmigungsverfahren verzögern, liegt vor allem an den Antragstellern, die für politisch gewollte Projekte unvollständige Unterlagen vorlegen, sodass gar keine Prüfung möglich ist.

Anerkennung als Umweltorganisation

Um Parteienstellung in UVP-Verfahren zu erlangen, müssen Umweltorganisationen nach dem UVP-G 2000 vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus anerkannt werden. Eine Umweltorganisation nach dem UVP-G 2000 ist ein Verein oder eine Stiftung, der/die sich vorrangig dem Umweltschutz widmet, gemeinnützig arbeitet, seit mindestens drei Jahren vor Antragstellung tätig ist und (sofern als Verein organisiert) aus mindestens hundert Mitgliedern besteht. Ein Verband muss mindestens fünf Mitgliedervereine umfassen, die selbst die oben genannten Kriterien erfüllen und gemeinsam die für fünf Umweltorganisationen erforderliche Mitgliederzahl (500) erreichen.

Stärken Sie die Umweltorganisationen! Hier können Sie mitmachen:
Alle anerkannten Natur- und Umweltschutz-NGOs finden Sie auf eu-umweltbüro.at .

Autorin: Annemarie Herzog