Elektroautos teilen
Carsharing gibt es in Österreich schon seit vielen Jahren mit mäßiger Akzeptanz. Elektroautos kommen auch nicht so recht in die Gänge. Die Kombination von beidem scheint einen Nerv getroffen zu haben: Ausleihen ist die einfachste Art, die neue Technik kennenzulernen.
Gaubitsch im Weinviertel: 908 Einwohner, 1 Kindergarten, 1 Volksschule, 1 Kirche, 1 Dorfwirt, 1 Heuriger, 50 landwirtschaftliche Betriebe, eine Handvoll Gewerbebetriebe, 10 Vereine, 3 Feuerwehren und seit August 2012 ein Elektroauto. „Gaubitscher Stromgleiter“ und „0 CO2“ ist in großen Lettern auf dem weißen Renault Kangoo Z.E. zu lesen, der mit grünen Bäumen und Windrädern verziert ist. Er steht bei einer Stromtankstelle vis-a-vis vom Dorfwirt.
Der Gaubitscher Stromgleiter ist ein e-Carsharing Projekt, das im Rahmen der Klima- und Energiemodellregion Land um Laa umgesetzt wurde. Die Idee dazu entstand im Rahmen der Leitbildentwicklung zur Dorferneuerung Gaubitsch. Eine eigens gegründete Mobilitätsgruppe griff das Thema auf und entwickelte das Konzept. Begleitet wurde die Gemeinde dabei von der Dorf- und Stadterneuerung Weinviertel. Regionalbetreuer Edwin Hanak: „Das Auto wurde von der Gemeinde geleast. Förderungen gab es von klima:aktiv und durch die NÖ Dorf- und Stadterneuerung. Wir haben die Kosten für das Buchungssystem und Druckkosten für Werbematerialien übernommen.“
Mit einem jährlichen Mitgliedsbeitrag von 99 Euro ist man mit dabei, 18 Private, sechs Vereine und natürlich die Gemeinde selbst sind derzeit Mitglied. Jeder gefahrene Kilometer kostet 10 Cent, Vollkasko, Insassenversicherung und Stromkosten inklusive. Die Buchung ist über das Reservierungssystem Caruso im Internet möglich. Für den Kleintransporter hat man sich entschieden, weil er fünf Personen Platz und zudem eine große Ladekapazität bietet.
22.419 km zeigt der Tacho nach einem Jahr, 3.091 km sind Dienstfahrten der Gemeinde. 62 Kilometer lang ist eine durchschnittliche Fahrtstrecke. Über drei Tonnen CO² hat der Stromgleiter der Umwelt im Vergleich zu einem herkömmlichen Benzinfahrzeug erspart. Der Gedanke des Umweltschutzes ist für die Mitglieder wichtig, aber auch der günstige Kilometerpreis. Darüber hinaus schätzen sie das neue Fahrgefühl und die Möglichkeit, auf diese Weise ein Elektroauto zu testen. Eine Umfrage ergab, dass viele nicht dabei wären, wenn es kein Elektroauto gewesen wäre.
Der Gaubitscher Stromgleiter hat im Weinviertel auch schon Nachfolger gefunden. Im 50 Kilometer südlich gelegenen Auersthal wird es demnächst auch einen Kangoo zum Teilen geben, den „Auersthaler e-GO“. Bürgermeister Erich Hofer: „25 Leute haben sich bereits fix für das Carsharing Projekt angemeldet, und bis zum Start werden es sicher noch mehr. Einige wollen sich damit den Kauf eines zweiten Autos sparen. Solche Carsharing-Projekte sind auch eine ideale Möglichkeit, die Elektromobilität in die Breite zu bringen.“ Bei der Präsentation des neuen Projektes im Juni gab es dann auch gleich die Möglichkeit mit privaten Besitzern von Elektroautos über ihre Erfahrungen zu sprechen und diese zum Teil auch zu testen.
In Herzogenburg nahe der NÖ Landeshauptstadt St. Pölten hat Karl Nutz in Privatinitiative den gemeinnützigen Verein MOVE Herzogenburg gegründet und im Herbst mit einem neuen Renault Zoe ausgestattet. Finanziert wird das E-Auto mit der klima:aktiv Förderung und darüber hinaus mit wertgesicherten Anteilscheinen. Seit 11. Oktober steht das Auto auf dem Rathausplatz. Den Parkplatz hat die Gemeinde zur Verfügung gestellt, der Strom für die Tankstelle kommt von der PV-Anlage am Dach des Rathauses. Über die Onlineplattform Carsharing247 können die Vereinsmitglieder das Auto reservieren.
Das sind nur einige wenige Beispiele, bei denen die neue Elektromobilität die Kreativität von ländlichen Gemeinden und Vereinen für eine gemeinsame Nutzung beflügelt hat. Vor allem im Vorarlberg, dem Vorreiter-Bundesland für Elektromobilität, gibt es zahlreiche Initiativen, etwa in Bregenz, Dornbirn, Alberschwende, Zwischenwasser, Götzis oder in Thüringerberg im Biosphärenpark Großes Walsertal.
Christian Steger-Vonmetz lebt in Bregenz und wollte in seiner Wohnhausanlage ein Carsharing aufbauen. „Dabei merkte ich, dass es keine geeigneten Buchungstools mit einem elektronischen Fahrtenbuch für kleine Organisationen gibt.“ Aus der Not heraus hat er gemeinsam mit einigen Partnern das Buchungstool „Caruso“ entwickelt, das mittlerweile schon sehr gut angenommen wird. Gedacht ist die Plattform vor allem für Gemeinden, Bauträger und Unternehmen, die Fahrzeuge zum Ausleihen zur Verfügung stellen möchten. Das System funktioniert auch mobil, bei Elektroautos werden sogar die aktuellen Ladedaten ins Internet übertragen.
carsharing24/7 ist die Internetplattform der Software Manufaktur für privates Carsharing, ein Social Network zur gemeinschaftlichen Nutzung von Privatfahrzeugen. Geschäftsführer Robert Reithofer: „Privatpersonen bieten ihre Fahrzeuge an, um sie mit anderen zu teilen. In der Zeit, in der Autobesitzer ihr Fahrzeug nicht selbst benötigen, können sie über die Leihgebühren ihre laufenden Fixkosten fürs Auto reduzieren. Den Preis bestimmen die Autobesitzer selbst, carsharing24/7 hilft ihnen mit einem Kostenkalkulator bei einer fairen Preisfindung und bei versicherungstechnischen Fragen.“ Ende September 2013 umfasste die "virtuelle Garage" 231 Fahrzeuge, darunter 10 Elektroautos. Neben der bereits etablierten tageweisen Verleihung von Autos, forciert die Plattform den Aufbau von langfristigen carsharing24/7-Teams.
Darüber hinaus entwickelte die Software Manufaktur mit „ibiola“ ein vollständiges Buchungs- und Abrechnungssystem für Gemeinden, Vereine und Firmen, bei dem Chipkarten als Schlüssel für die Autos eingesetzt werden. Erstmals kam „ibiola“ beim Projekt „Mobilcard Krenglbach“ zum Einsatz. Die oberösterreichische Gemeinde bietet ihren Bürgern seit 22. September ein Sammeltaxi und zwei Elektroautos (Renault Kangoo und Zoe) im Carsharing. Die Benutzung eines E-Autos kostet 10 Cent pro Kilometer und 50 Cent pro Stunde. Reithofer: „Ziel war es, ein einfach zu bedienendes und auf die Wünsche der Mitglieder zugeschnittenes Carsharing-Modell zu entwickeln.“ Bei den Reservierungen werden auch die notwendigen Ladezeiten der E-Fahrzeuge automatisch berücksichtigt. Einmal im Quartal erhalten die Carsharer automatisiert eine Rechnung anhand der erfassten Fahrten. Der angefallene Betrag wird automatisch vom Konto der Autofahrer abgebucht.
Wer teilt, hat mehr!
Carsharing ist grundsätzlich eine sinnvolle und auch umweltfreundliche Ergänzung im Mobilitätsangebot. Am Land erspart man sich vielleicht den Kauf eines zweiten Autos, in der Stadt mit guter öffentlicher Infrastruktur wird man ganz auf ein eigenes Auto verzichten. Wenn man bedenkt, dass der CO2 Rucksack für die Produktion eines Autos bereits mit rund 80.000 Kilometer gefüllt ist, ist jeder PKW weniger ein deutliches Plus für die Ökobilanz. Wer wenig Auto fährt, fährt mit Carsharing wesentlich günstiger. Abgesehen von der teuren Anschaffung fallen auch Fixkosten für Versicherung, Vignette und Reparatur weg.
Bei längeren Fahrten können Bahn und Auto optimal kombiniert werden. Die lange Strecke fährt man bequem mit dem Zug, das Auto sorgt für die Mobilität am Zielort. Standorte sind sinnvollerweise meist bei Bahnhöfen angesiedelt. Bei einer größeren Fahrzeugpalette kann man je nach Anforderung das passende Fahrzeug wählen. Entscheidet man sich für ein Elektroautos, ergibt das ein zusätzliches Plus für die Ökobilanz.
Autor: Christian Brandstätter
Links:
www.gaubitsch.at
www.lebenimdorf.at
www.move-herzogenburg.at
www.carusocarsharing.com
www.carsharing247.com
In Niederösterreich finden Sie im Rahmen der Initiative „e-mobil in niederösterreich“ Ansprechpartner für die Umsetzung von e-Carsharing Lösungen. www.e-mobil-noe.at, www.ecoplus.at.