Mach´s auf!
Räume für Gehörlose und Hörende
Vor ein paar Jahren sind wir, die heute den Verein Gebärdenverse bilden, im Wiener Hackspace „Metalab“ und beim „Chaos Computer Club Wien“ (C3W) aufgeschlagen – Räume, in denen man Wissen austauschen, reparieren, Projekte umsetzen und mit anderen zusammenkommen kann. Als Gehörlose kommunizieren wir in der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS): Mit Händen, Bewegungen, Mimik, Mundbild. Damit waren wir ziemlich alleine. Deutsch oder Englisch konnten im Metalab und C3W fast alle, ÖGS niemand. Das hat die Community rund ums Hacken als auch uns vor eine ziemliche Herausforderung gestellt: Gemeinsames Werkeln ist cool, aber irgendwie müssen wir Projekte besprechen, Probleme schildern, Maschinen erklären oder von Erfolgen berichten können.
Der Weg zum Deaf-Space …
Das Metalab ist damit für unsere Gehörlosen-Community ein offizieller Deaf-Space geworden – ein Ort, an dem sich regelmäßig Gehörlose treffen. Durch unsere ÖGS-Meet-ups wurden sowohl die Werkstätte Metalab, der Verein Gebärdenverse als auch die Zusammenarbeit schnell bekannt: Es gibt einen Ort, wo Hörende und Gehörlose aufeinandertreffen und sich über Technologie, Kunst und Inklusion austauschen.
… ist lang
Ebenso ist der dauernde Aktivismus anstrengend: Er wird für uns in gemischten Räumen zum Alltag. Die Grenzen zwischen Aufklärungs-/Selbstvertretungsarbeit und Freizeit verschwimmen. Wir können nicht einfach nur existieren, ohne die Rolle der ewig geduldigen Erklärer*innen einnehmen zu müssen. Ständig begleiten uns Schuldgefühle und Leistungsdruck: Weil wir Raum einnehmen und weil wir das Gefühl haben, für die Barrierefreiheit (bzw. -reduktion) etwas leisten zu müssen – „wenn wir [Hörenden] schon Dolmetsch organisieren/finanzieren, muss sich das auch lohnen“. Einfach nur da zu sein, ohne „Wert“ für andere zu bringen, ist praktisch nicht möglich.
EIN PROBLEM, DAS WIR GEMEINSAM LÖSEN KONNTEN:
Eine Metasuchmaschine – das Gebärden-Archiv –
durchsucht nun mit einem Klick zahlreiche
Quellen und ermöglicht, Varianten zu vergleichen
und Neues zu lernen.
Es braucht noch mehr!
Das Archiv wird heute von mehreren Gruppen, wie Dolmetscher*innen, ÖGS-Interessierten und Native Signern, verwendet und zeigt einen wichtigen Erfolg: die Zusammenarbeit zwischen Gehörlosen und hörenden Menschen.
Um uns wirklich frei entfalten zu können, muss der Aufklärungsdruck, der auf uns lastet, jedoch weniger werden. Wenn ihr das nächste Mal Gehörlose trefft, fragt sie daher nicht über ihre Gehörlosigkeit aus, sondern zückt eure Notiz App (oder lernt ÖGS) und stellt Fragen wie: Womit beschäftigst du dich? Was macht dir Freude? Was sind deine Interessen? Denn schließlich haben wir viel mehr zu erzählen.
Oliver Suchanek
ÜBER DAS PROJEKT
Was braucht es, damit gehörlose Menschen technische Fähigkeiten erlernen können? Welche Technologien wollen sie selbst gestalten? Wie können Barrieren abgebaut werden? „Mach’s auf!“ war ein Startpunkt, um kreative und kulturelle Orte zugänglicher zu machen. Ein Projekt, dass nicht nur in der Gehörlosen Community Österreichs, sondern auch in Belgien, Frankreich, Deutschland und Italien Kreise zog und viel Begeisterung und Neugierde weckte.
NEUGIERIG AUF MEHR?
Newsletter, Kalender, Mitgliedschaft sowie Videos: gebaerdenverse.at
Spannende Infografiken: info.machs-auf.at
Gebärden-Archiv: gebaerden-archiv.at
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