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Snow Food

Im Winter ernten und genießen: ein Traum! Welche Frischgemüse sich für den Winteranbau eignen und wie der selbstgezogene Vitaminkick gelingt.

Eine Collage aus 5 Fotos von Pak Choi, Kohl, Radieschen, grünem Smoothie und mit Reif überzogenem Laub.
Fotos: Liga/Adobe-KI; Eugene Golovesov/unsplash; Jan Sedivy/unsplash; Jo Lanta/unsplash; Anastasia Pixner/unsplash; Gestaltung: liga.co.at

Kältetolerantes Gemüse, das mitten im Winter bei uns geerntet werden kann, bringt Freude beim Essen und verbessert die Umweltbilanz: Es hat eine kurze Anreise vom Anbau bis zum Teller und wächst ohne künstliche Beheizung oder Beleuchtung. Auch um Schädlinge muss man sich im Winter kaum kümmern. Wer in der kalten Jahreszeit draußen frisches Grün ernten möchte, muss die Samen dafür im Herbst oder Frühwinter säen – oder kann jederzeit drinnen am Fensterbrett knackige Keimlinge ziehen.

Besonders dankbare Orte für Snow Food sind Stadtgebiete: Oft bleiben sie vor Frösten verschont, denn Asphalt und Beton speichern Sonnenwärme, die in der Nacht wieder abgegeben wird. Windgeschützte Nischen auf Balkon oder Fensterbrett sind ideal für die ersten Pflanzversuche. Wer einen Folientunnel oder ein unbeheiztes Gewächshaus besitzt, kann die Sonnenwärme nutzen und frisches Wintergrün auf den Teller zaubern. Aber auch im Garten können mit Einzug des Winters die ersten Snow-Food-Experimente gewagt werden. Die Aussaat erfolgt, bevor der Boden gefroren ist.

Die Auswahl an geeigneten Pflanzen ist groß:

Asiasalat ist ein Sammelbegriff für schnellwüchsige Blattkohlgemüse. Die Geschmackspalette der unkomplizierten, kältetoleranten Pflanzen reicht von mild bis senfig-scharf. Nach sechs Wochen kann geerntet werden, dabei immer die äußeren Blätter pflücken. Junge Blätter eignen sich für Salat, ältere sowie Knospen und Blüten für Suppen oder Gemüsepfannen. Die Sorten „Mizuna“, „Red Giant“ und „Grün im Schnee“ sind besonders kältetolerant und können sogar im Winter gesät werden.*

Der anspruchslose Winterportulak keimt ebenso bei Temperaturen unter zehn Grad. Nach sechs Wochen können Stängel, Blüten und Blätter für Salat geerntet werden, sie bereichern den Speiseplan mit einem zarten, milden Geschmack. Wenn zwei Zentimeter über dem Boden geschnitten wird, wachsen die Pflanzen wieder nach.*

Vogerlsalat keimt ab einer Temperatur von zehn Grad, viele Sorten sind frosthart – dabei sind kleinrosettige Sorten kältetoleranter als großrosettige. Bei besonders eisigen Temperaturen hilft eine Vliesabdeckung. Nach acht Wochen können die nussig schmeckenden Blätter für Salate genutzt werden.*

Kohlgewächse schmecken erst richtig gut bei tiefen Temperaturen. Wirsing, Grünkohl und Palmkohl sind frostfest. Werden die Pflanzen mit Vlies geschützt, passt Sorte und Witterung, kann bis in den Februar hinein geerntet werden.

Kohlrabi, der im Mai gepflanzt wurde, kann bis zum Jahreswechsel geerntet werden. Sollte er gefroren sein, ist das kein Problem, wenn er langsam angetaut wird. Auch die Blätter können als Gemüse, Salat oder Smoothie verarbeitet werden. 

Petersilie ist zweijährig und zum Überwintern gut geeignet. Im Sommer gesät, können die äußeren Blätter bis Dezember geschnitten werden. Auch die Stängel dienen fein geschnitten als Vitamin-C-reiche Suppeneinlage oder grüne Smoothie-Zutat.*

Rettiche kann man im September im Frühbeetkasten säen und den ganzen Winter ernten. Sie schmecken im Winter milder als im Sommer.

Vogelmiere wird in vielen Gärten als Unkraut verdammt, dabei hat sie zehnmal mehr Vitamin C als Kopfsalat und kann als Salat oder Gemüse den ganzen Winter hindurch gegessen werden.

Echter Spinat wächst sogar im Winter und kann mehrmals geschnitten werden. Auch Mangold kann blattweise geerntet werden.

Radieschen können unter Glas ganzjährig angebaut werden. Sie wachsen auch bei niederen Temperaturen und überstehen auch im Freiland einige Minusgrade. Wintergärtner*innen müssen sich jedoch gedulden: Aufgrund der schwachen Sonneneinstrahlung dauert die Kultur im November bis zu 12 Wochen. Wichtig ist, dass das Gewächshaus ab zwölf Grad gelüftet wird, damit sich die Knollen gut entwickeln. Treibsorten wie „Non plus Ultra“, „Express“, „Würzburger Treibradies“, „Riesen von Aspern“ und „Wiener Rotes Treib“ eignen sich besonders gut für den Anbau unter Glas. Neben der Knolle sind auch die Blätter essbar und können für Salate genutzt werden.

Rucola kann im Glashaus übers ganze Jahr angebaut werden, wenn er frostfrei gehalten wird. Sind die ersten Blätter zehn Zentimeter lang, können sie geerntet und für Salate genutzt werden. Solange das Herz der Pflanze unbeschädigt bleibt, sind drei Schnitte möglich. Eine Mischkultur mit Winterportulak funktioniert sehr gut.*

Vorrausschauende Gärtner*innen können bis im November für den kommenden Frühling pflanzen, Ackerbohne, Frühkarotte und Pastinake säen und Winterknoblauch steckten – sie haben im Frühjahr dann einen Wachstumsvorsprung.


* kleiner Wuchs, gut für Balkon- und Terrassenanbau geeignet

Winterliche Pflege und Ernte

Sowohl im Topf als auch im Garten überwintern Pflanzen besser, wenn sie nicht zu viel gegossen werden. Als Faustregel gilt: Je dunkler und kühler die Pflanze steht, desto weniger Wasser braucht sie. Bei Topfpflanzen verhindern Drainagelöcher nicht nur Fäulnis und Pilzkrankheiten, sondern schützen auch vor dem Einfrieren, da überschüssiges Wasser ablaufen kann.

Kündigen sich kalte Temperaturen an, schützt im Garten eine Mulchschicht aus Laub, Grasschnitt oder Stroh vor der winterlichen Kälte. Töpfe werden in Jute oder Vlies eingepackt und auf eine Unterlage aus Holz oder Kork gestellt – je größer der Topf, desto geringer ist die Gefahr des Einfrierens.

Wenn hingegen die Blätter des Snow Food bei Minusgraden Frost ansetzen, müssen sich Wintergärtner*innen mit dem Ernten gedulden. Die Eiskristalle zwischen den Pflanzenzellen richten bei kurzen Frösten keinen Schaden an, solange die Pflanzen nicht berührt werden. Bei der Ernte würde das Gewebe aber verletzt werden, das frisch geerntete Grün wird matschig.

Indoor Snow Food für Ungeduldige

Keimlinge und Sprossen sind eine einfache Möglichkeit, auch im Winter an frisches Grün zu gelangen. Sie können im Sprossenglas, in Substrat oder in Fensterkisten gezogen werden und sind innerhalb weniger Tage erntereif. Der große Vorteil: Im Winter gelingt die Anzucht besonders gut, da es weniger leicht zu Schimmelbildung kommt als im heißen und stickigen Sommer. Eine große Auswahl sorgt für Abwechslung am Teller: Weizen, Roggen, Gerste, Einkorn, Emmer, Dinkel und Quinoa eignen sich für die Anzucht und schmecken gut. Auch Mungbohnen, Linsen, Luzerne, Radieschen, Rettich, Rucola, Senf und Bockshornklee keimen rasch.

Saatgut

Beim Kauf des Saatguts ist es wichtig, sich genau mit den vielfältigen Sorten auseinanderzusetzen – ideal für das Winterfrischgemüse sind Sorten, die mit kühlen Temperaturen und Frost zurechtkommen, dafür häufig nicht so rasch wachsen. Wichtig ist, auf Bioqualität zu achten, da sie nicht gebeizt – mit Chemikalien gegen Pflanzenkrankheiten und Schädlinge behandelt – sind.

Bio-Saatgutfirmen und der Fachhandel bieten vor Ort und online eine große Auswahl für Balkon, Garten oder Sprossenglas. Viele Pflanzen, wie Winterportulak und Rucola, säen sich selbst aus und können ohne viel Aufwand immer wieder geerntet werden.

Melanie Frauendienst, Michaela Knieli

Frisch geerntet aus der Region macht Snow Food zum Superfood

Frisch geerntetes Kohlgemüse enthält ähnlich viel Vitamin C wie Orangen. Zudem ist es reich an Kalzium und stärkt die Knochen. Kohlgemüse, Asiasalate, Radieschen und Rucola sind außerdem reich an Glucosinolaten – Senfölen –, die die Pflanzen vor gefräßigen Schädlingen schützen. Beim Menschen haben sie eine antioxidative Wirkung und schützen vor Krebserkrankungen. Senföle hemmen auch das Wachstum von Bakterien und wirken positiv auf die Schleimhäute in der Nase und im Rachen. Roh gegessen oder kurz gedämpft, bleiben die Inhaltsstoffe erhalten. Überschüssiges Kochwasser verwendet man am besten als Suppengrundlage.

Radieschen haben‘s in sich!

Auch der scharfe Geschmack von Radieschen und Rettich entsteht durch Senföle. Radieschen sind reich an Vitamin C, Eisen, Calcium und Magnesium. Schon im Mittelalter wurde Radieschensaft bei Bronchitis, Rheuma oder Verdauungsbeschwerden verwendet.

Winterportulak

Was für Gemüse eher untypisch ist: Winterportulak enthält ungesättigte Fettsäuren. Isst man ihn roh als Salat oder auf dem Butterbrot, kommt man in den Genuss von reichlich Vitamin C. Portulak ist auch zum Kochen geeignet, er bekommt dabei eine cremige Konsistenz.

Keimlinge und Sprossen

Getreidekeimlinge enthalten hochwertiges Eiweiß, reichlich Vitamine der B-Gruppe sowie Magnesium, Phosphor und pflanzliches Eisen. Weizenkeime sind besonders reich an Vitamin E und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Sprossen aus Alfalfa, Kresse und Brokkoli sind reich an Vitamin C und fördern die Aufnahme von Eisen aus Getreidekeimlingen und Linsen. Die verschiedenen Keimlinge und Sprossen ergänzen einander in ihren unterschiedlichen Nährstoffgehalten sehr gut. Es ist daher sinnvoll, mehrere Sorten anzubauen.

WEITERE INFORMATIONEN

Infoblatt „Vitamine aus Wildpflanzen und Keimlingen“ – kostenloser Download

Bezugsquellen für Bio-Samen  HIER

BUCHTIPP

Frisches Gemüse im Winter ernten.
Wolfgang Palme, Löwenzahn Verlag

DIE EXPERTINNEN

Melanie Frauendienst, Gartenexpertin von DIE UMWELTBERATUNG

Michaela Knieli, Ernährungswissenschafterin von DIE UMWELTBERATUNG

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