zum Inhalt springen

Und irgendwann bin ich dann fort

Wohin wir gehen, wenn wir sterben, wissen wir nicht. Worüber wir uns allerdings vorab konkrete Gedanken machen können ist, was mit unserem Körper dann passieren soll.

angel-1507747_1920
Foto: Unsplash.com/Annie Spratt Pixabay

Der Tod ist ein Tabuthema. Die Ungewissheit macht Gespräche darüber schwerfällig, wenngleich wir alle im selben Boot sitzen. Dabei ist es im Trauerfall eine enorme Hilfestellung für die Hinterbliebenen, hat sich der nun Verstorbene bereits vorab einmal darüber geäußert, wie er gerne beerdigt werden möchte.

In Oberösterreich nutzen seit einem Jahr viele Menschen die Möglichkeit, sich direkt bei der Feuerbestattung zu informieren. Das private Unternehmen hat es sich zum Auftrag gemacht, dem Prozess das Mystische zu nehmen, will ihn transparent machen. Daher gibt es seit der Gründung im Oktober 2015 jeden ersten Donnerstag im Monat eine öffentliche Führung durchs Haus. „Nach unserer großen Eröffnungsfeier mit 1.500 Besuchern kommen immer noch monatlich jeweils etwa hundert Leute zu uns. Diejenigen, die sich bei uns umsehen, gehören mehrheitlich der Altersgruppe 50plus an. Personen sozusagen, für die diese Thematik in irgendeiner Form eine gewisse Relevanz hat“, erklärt Peter Schauer, der Betriebsleiter der Feuerbestattung Oberösterreich. Er möchte jenen, die für sich selbst vordenken oder in ihrem näheren Umfeld einen Trauerfall erwarten, ein offenes Haus bieten: „Wir wollen mit Schauergeschichten aufräumen und die Feuerbestattung als das zeigen, was sie bei uns ist: ein thermischer Vorgang, der in einer technisch ausgereiften und dennoch sehr würdevollen Umgebung passiert.“

friedwald-josef-moritz---blick-aus-dem-friedwald-zur-burg
Der Blick aus dem FriedWald Richtung Burg Clam © FriedWald/Josef Moritz Der Blick aus dem FriedWald Richtung Burg Clam FriedWald/Josef Moritz

Wie funktioniert die Feuerbestattung?

Ursprünglich stammt die Alternative zur traditionellen Erdbestattung aus der Arbeiterbewegung. Der Protest gegen das Bürgerliche, aber auch die niedrigeren Kosten waren zentrale Beweggründe. Bereits um 1920 gab es erste Krematorien in Österreich, nach Wien bald auch im oberösterreichischen Steyr und Linz. Die Funktionsweise der Einäscherung sieht es vor, sterbliche Überreste bei 800 bis 1.200 Grad Celsius kontrolliert zu verbrennen. Diese Temperaturen sind um ein Vielfaches höher als bei einem natürlichen Brand – was zur Folge hat, dass weniger übrig bleibt: „Außer der reinen Knochenasche, Sargnägel und Implantaten wird nichts hinterlassen“, so Schauer. „Letztere werden gesammelt und an eine Firma in Holland geschickt. Für das Rohmaterial bekommen wir Geld, das wir spenden. Immerhin kommen die Gesundheitsbehelfe von der Krankenkasse, also von der Allgemeinheit. Dorthin, zur Allgemeinheit, wollen wir den Wert wieder zurückführen.“

mourning-1547633_1920
Die neue Feuerbestattung in Oberösterreich. Foto: Feuerbestattung OÖ/Jens Lindworsky Pixabay

Dass dem studierten Sozioökonomen die Gesellschaft und ihre Werte am Herz liegen, beweist sich auch anderswo. Gemeinsam mit Luftschadstoff-Experten Peter Tappler betreibt er mit der Feuerbestattung nämlich das weltweit erste CO2-neutrale Krematorium. So soll den Menschen ermöglicht werden, ihren letzten Fußabdruck, den sie auf der Erde hinterlassen, ökologisch möglichst klein zu halten.

Zurück zur Natur

Hier schließt sich der Kreislauf der Natur. Der nächste Schritt ist demnach logisch: Naturbestattungen werden ebenfalls immer beliebter. Dabei gibt es vielfältige Möglichkeiten. Von der Wasserbestattung in der Donau über die letzte Ruhestätte im Wald oder am Berg bis hin zur Verstreuung der Asche auf speziell dafür vorgesehenen Wiesen ist alles denkbar. Sogar Flüge über die hohe Tatra für die Beisetzung aus der Luft und ans Meer für Seebestattungen werden organsiert. Eigenmächtig ist in Österreich aber nichts davon erlaubt. Der Bestatter übergibt die Urne direkt an seine jeweiligen Partner. Eine Ausnahme gibt es jedoch auch hier. Wünscht man eine Beisetzung auf dem eigenen Grundstück, kann man das beim jeweiligen Bürgermeister beantragen. Dann bekommen die Angehörigen eine Dienstbarkeit im Grundbuch vermerkt und die letzten Überreste ihrer Lieben direkt ausgehändigt. Davon rät Peter Schauer allerdings ab: „Aus Respekt vor den Verstorbenen empfehle ich eine Bestattung im öffentlichen Raum. Ansonsten ist es beispielsweise bei Streitigkeiten innerhalb der Familie vielleicht einem Teil nicht mehr möglich, die Grabstätte zu besuchen. Ganz zu schweigen von eventuellen Kurschatten oder ledigen Kindern. Es ist schlicht nicht ganz fair, den toten Familienangehörigen so für sich zu beanspruchen. Außerdem kann es wenig hilfreich für das Loslassen sein.“

Das Loslassen und die Freiheit stehen bei der Beisetzung im Wald hingegen an vorderster Stelle. Dort, wo die Vögel zwitschern und das Leben rundherum weitergeht, möchten viele die letzte Ruhestätte ihrer Verstorbenen wissen. Der Verlust bedrückt natürlich. Die Gedenkstätte muss das allerdings nicht so tun, wie es oftmals bei einem Friedhof der Fall ist. „Dazu kommt der große Vorteil, dass die Natur die Grabpflege übernimmt. Die biologisch abbaubare Urne wird an den Wurzeln eines Baumes begraben. Zwei Jahre später ist sie weg. Der Baum allerdings, die Energie, ist noch da“, so Schauer über die praktischen und emotionalen Motive.

Übrigens: Für eine spätere Nachvollziehung, wer wo beigesetzt wurde, ist durch das Absicherungssystem der Feuerbestattung doppelt gesorgt. Einerseits bekommt selbstverständlich jeder Sarg seine Auftragsnummer im Verzeichnis des Krematoriums. Zusätzlich kommt diese Nummer auf einen feuerfesten Schamott-Stein, der bereits bei der Verbrennung dabei ist. Er bleibt in der Urne und somit auch im Wald bestehen. Schauer: „Den Hinterbliebenen ist das besonders wichtig: zu wissen, dass nichts vermischt und alles transparent ist. Sie können ihre Verstorbenen bei uns auf ihrem letzten Weg bis ganz zum Schluss begleiten – nur beim Loslassen können wir ihnen leider nicht helfen.“

Autorin: CARMEN HAFNER