Zahnpaste: ordentlich auf die Tube drücken?
In Zahnpasta steckt ganz schön viel Chemie … die Hersteller versuchen mit allerlei Mitteln der Bakterienbildung zuleibe zu rücken. Worauf Sie beim Kauf achten sollten, haben wir für Sie recherchiert.
„Ist die Paste reinweiß oder gar in leuchtenden Farben und schäumt sie? Dann ist hier einiges an Chemie drinnen“, sagt Zahnarzt Prim. Siegmund Döttelmayer. Zu den Inhaltsstoffen, die von Global 2000 besonders kritisiert werden, zählen Parabene und Triclosan. Parabene stehen unter Verdacht, hormonähnliche Wirkungen zu haben und das Hormonsystem (vor allem Heranwachsender) zu stören. Triclosan hingegen ist ein mikrobiell wirkendes Konservierungsmittel, das möglichweise Antibiotika-Resistenzen von Bakterien fördern könnte. Bei Naturkosmetik-Zahnpasten wurde Global 2000 übrigens nicht fündig.Mikroplastik in der Zahncreme
Problematisch für die Umwelt ist hingegen Mikroplastik. „Es wird als Scheuermittel eingesetzt, um die mechanische Säuberung des Zahns zu unterstützen“, so Umweltmediziner Prof. Hans-Peter Hutter. Laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) finde derzeit keine geklärte Filterung statt, wodurch die Mikropartikel ungehindert in Flüsse und Seen gelangen würden. An der Mikroplastik-Oberfläche würden sich zudem Schadstoffe binden. Bei Tieren wie Fischen oder Muscheln sei Mikroplastik bereits nachgewiesen worden, was u. a. deren Hormonsystem schädigen könne. Auch Hutter berichtet von experimentellen Untersuchungen mit Mikroplastik, die Entzündungsreaktionen bei speziellen Muscheln gezeigt haben. Als Filtrierer haben diese Lebewesen enorm wichtige Funktionen in Bezug auf die Gewässerökologie.
Laut BUND enthalten Zahncremes von bekannten Marken wie Colgate oder Elmex teilweise Mikroplastik. Für den Konsumenten ist das aber nur schwer durchschaubar, denn im Gegensatz zu Nanomaterialien ist Mikroplastik im Millimeterbereich nicht kennzeichnungspflichtig. „Selbst, wenn es sich vielleicht mengenmäßig nur um kleine Mengen handelt, plädiere ich dafür, den Einsatz von Mikroplastik in verbrauchernahen Produkten wie Zahnpasten dreifach zu überdenken, da die Auswirkungen auf die Umwelt praktisch nicht geklärt sind“, sagt Hutter.
„In Anbetracht der Tatsache, dass in den meisten gängigen Zahnpasten eine Vielzahl an nicht notwendigen Substanzen zur optimalen Zahnpflege enthalten sind und Risiken für Mensch und Umwelt zumindest wissenschaftlich nicht ausgeschlossen werden können, kann ich nur Wachsamkeit empfehlen“, so Döttelmayer.
Streitfaktor Fluorid
Auch der Inhaltsstoff Fluorid führt immer wieder zu Diskussionen. Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK), auf die sich auch die Österreichische Zahnärztekammer beruft, rät zu Fluorid als Kariesprophylaxe. Demnach sollten Kinderzähne vom ersten Zahndurchbruch bis zum 2. Lebensjahr einmal täglich mit einer dünnen Schicht fluoridhaltiger Zahncreme (500 ppm Fluorid) geputzt werden. Dünn deshalb, weil die Gefahr des Verschluckens besteht und zu große Fluoridmengen vermieden werden sollten. Ab dem ersten bleibenden Zahn (ca. sechs Jahre) kann Erwachsenenzahnpasta (1000-1500 ppm Fluorid) verwendet werden. Eine deutsche Studie konnte vor kurzem zeigen, dass Fluorid nicht nur die Remineralisierung des Zahns fördert und den Zahnschmelz härtet. Kariesbakterien bleiben auch weniger gut an den Zähnen haften.
Fluoridmangel gibt es nicht
„Karies entsteht durch das Zusammenwirken von kariesauslösenden Mikroorganismen (Plaque), unzureichender Mundhygiene und Fehlernährung, wie eine häufige Aufnahme von Zucker“, so DGZMK und Bundeszahnärztekammer in einer Patienteninformation. Was aber nur wenige wissen: Fluorid ist für die Zahnentwicklung gar nicht essenziell. „Fluorid hat keine wesentliche Funktion für das Wachstum und die Entwicklung des Menschen, und es konnten keine Anzeichen für Fluoridmangel festgestellt werden“, sagt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in einer Aussendung. Kariesvorbeugung scheint das Stichwort zu sein. Kommt Fluorid also zum Einsatz, um unsere Ernährungs- und Zahnpflegegewohnheiten auszugleichen?
Die EFSA rät jedenfalls zu einer angemessene Zufuhr von 0,05 mg pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag für Kinder (7 Monate bis 17 Jahre) sowie für Erwachsene, einschließlich schwangere und stillende Frauen. Dabei ist allerdings die Fluoridaufnahme aus allen Quellen enthalten, also nicht nur durch Zahnpflegeprodukte, sondern auch durch Wasser, Tee, Meeresfisch und fluoridiertes Salz. Kleine Kinder können die Höchstgrenzen leicht überschreiten. Während das Wiener Leitungswasser mit 0,2 mg pro Liter im eher niedrigen Bereich liegt, haben manche Mineralwassersorten bereits 1 mg je Liter.
„Kinder, die während der Entwicklungsphase des Zahnschmelzes zu viel Fluorid aufnehmen, können unter Umständen Dentalfluorose entwickeln. Bei einem milden Verlauf können Zahnverfärbungen entstehen. Die schwere Form der Dentalfluorose führt zu Löchern im Zahnschmelz“, heißt es im Bericht des Wissenschaftlichen Ausschusses „Gesundheits- und Umweltrisiken“ (SCHER) der Europäischen Kommission (2011). Da das heimische Leitungswasser aber nicht fluoridiert ist, braucht man sich hierzulande keine Gedanken wegen schwerer Dentalfluorose machen.
Autorin: Sonja Tautermann
Den gesamten Artikel und ein Interview mit Prim. Siegmund Döttelmayer, ganzheitlich arbeitender Zahnarzt mit Praxis in Bad Aussee und Wien, zu Fluorid lesen Sie in der LEBENSART 3/2014
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