Zwei Welten in einer Stadt
Ein Kommentar zur Weltklimakonferenz in Glasgow, von Christina Hauszer und Noomi Sollak, Fridays For Future Austria
Die 26. Ausgabe der Conference Of The Parties, kurz COP26, ist Geschichte. Zwei Wochen wurde verhandelt, gerungen, um die Zukunft der Welt gestritten. Zwei Wochen, in denen die Diskrepanz zwischen Politik und Bevölkerung, zwischen den exklusiven Verhandlungsräumen und den Straßen Glasgows, zwischen Ankündigung und Wirklichkeit nicht größer hätte sein können.
Da war der zwölfjährige Klimaaktivist Francisco Javier Vera Manzanares aus Kolumbien, der für seinen Aktivismus bereits Morddrohungen von der kolumbianischen Regierung erhalten hat und bei der Pressekonferenz der „Most Affected People and Areas“ (am stärksten betroffene Menschen und Gebiete) von globalem Zusammenhalt sprach, während sich Bundeskanzler Schallenberg auf der Politbühne im Gebäude gegenüber für die ambitionierte Klimapolitik Österreichs auf die Schulter klopfte, ohne jedoch ein Klimaschutzgesetz vorweisen zu können. Erfahrungen auf der einen, leere Worthülsen auf der anderen Seite.
Da war Jose Villalobos aus Mexiko, dessen Eltern nach Amerika migrierten, weil es in ihrem Heimatland keine Lebensgrundlage mehr gab. Die Staaten des Globalen Südens sind bereits jetzt stark von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen. Sie pochten in Glasgow vor allem auf einen Finanzierungsmechanismus, um die Klimaauswirkungen bekämpfen zu können, zusammengefasst unter „Loss & Damage“. Dieser wurde jedoch in letzter Minute maßgeblich von den USA und der EU aus dem Glasgow Climate Pact herausgestrichen.
Da war Bernard Kato Ewekia Taomia aus Tuvalu, dessen Heimat durch die globale Erderhitzung bereits jetzt Land an das Meer verliert: „Seeing Tuvalu disappearing pains my heart. Where should I go? Where would you go?” Für ihn ist die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels lebensnotwendig. Die aktuellen Länderziele („Nationally Determined Contributions“, NDCs) werden laut Climate Action Tracker jedoch zu einer 2,4 Grad heißeren Welt führen. Das macht vor allem eines deutlich: Die Weltklimakonferenz ist immer noch ein Ort, an dem die Interessen der Mächtigen über jene der Mehrheit gestellt werden. Für Tuvalu gibt es wenigstens ein wichtiges, wenn auch winziges Trostpflaster – um das 1,5-Grad-Ziel am Leben zu erhalten, müssen die Staaten ihre unzureichenden Klimaschutzpläne bereits bis 2022 nachbessern. Bisher waren Nachbesserungen immer in Fünf-Jahres-Abständen vorgesehen.
Neben ihnen sind Mitzi Jonelle Tan von den Philippinen, Catalina Santelices Brunel aus Chile und Vanessa Nakate aus Uganda am „Global Day Of Action“ in Glasgow gemeinsam mit mehr als 100.000 Menschen unter anderem für einen raschen Kohleausstieg auf die Straße gegangen. Im Glasgow Climate Pact wurden nun zumindest dafür die ersten Schritte eingeleitet. Nach 26 (!) Klimakonferenzen ist es der erste Klimapakt, in dem der Ausstieg aus den fossilen Energien Erwähnung findet. Zwar haben Indien und China den Text in letzter Sekunde von „Ausstieg“ auf „Reduktion“ verwässert, ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist es jedoch allemal.
Was von der Weltklimakonferenz bleibt, sind acht Seiten Glasgow Climate Pact, unzählige Zusicherungen und die Frage, für wen hier eigentlich Politik betrieben wurde. Die COP26 hat gezeigt, dass es noch mehr Druck von Seiten der Bevölkerung braucht, dass wir jetzt handeln und gemeinsam auf die Straßen dieser Welt gehen müssen, damit die wichtigen Entscheidungen für unsere Zukunft im Interesse der gesamten Menschheit getroffen werden können. Es braucht nun uns alle!
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