Der schwarze Schatten
Gewalt gegen Frauen ist ein weltweites Phänomen – und ein gesellschaftliches Tabu. Roswitha Reisinger hat Revierinspektorin Claudia Haag befragt, was wir im Alltag tun können.
LEBENSART: Was ist häusliche Gewalt?
Revierinspektorin Claudia Haag: Gewalt gegen Frauen beginnt bei psychischer Gewalt, das sind Beschimpfungen, Demütigungen, Drohungen, übermäßige Kontrolle, Stalking oder Isolation und geht weiter zu physischer Gewalt, wie sexuelle Übergriffe, Schläge, Tritte bis hin zum Mord.
Woran erkenne ich, dass eine Arbeitskollegin, eine Nachbarin Gewalt erleidet?
Wenn man keine Verletzungsspuren sieht, ist Gewalt schwer zu erkennen. Aber: Gewalterfahrung geht immer mit einer Verhaltensänderung einher. Wenn Ihnen auffällt, dass sich beispielsweise eine Arbeitskollegin oder Nachbarin anders verhält sollten Sie nachfragen, zum Beispiel: „Ich habe das Gefühl, Ihnen geht es nicht gut.“ „Ich sehe Sie sind verletzt, wie kann ich helfen?”. Das eigene Gefühl ist da ein guter Wegweiser.
Wenn ich Gewalt in der Nachbarschaft oder im Freundeskreis mitbekomme. Was soll ich tun?
Das hängt von der Situation ab. Wenn Gefahr für Leib und Leben besteht sollten Sie unbedingt die Polizei verständigen. Ob Sie sich selbst einmischen oder nicht, hängt davon ab, ob Sie sich das zutrauen, und in welcher Beziehung Sie zum Opfer bzw. Täter stehen.
Wenn es die Situation erlaubt können Sie auf das Opfer zugehen und Hilfe und Unterstützung anbieten. Aus Scham lehnen das Opfer beim ersten Mal oft ab. Dann ist es am besten Informationen anzubieten, wohin man sich wenden kann.
Haben Sie eine gute Beziehung zum Gefährder, können Sie versuchen, ihn zu stoppen „Hör auf damit!“ Wichtig wäre, ihm zu empfehlen, sich Hilfe zu suchen, um mit seinen Aggressionen besser umgehen zu lernen.
Wichtig: Machen Sie das nicht, wenn Sie sich das nicht zutrauen oder sich selbst in Gefahr begeben!
Gewalt ist passiert, die Polizei wurde gerufen. Wie geht es weiter?
Dann kommt ein klar definierter Prozess ins Laufen: Es wird ein Annäherungs- und Betretungsverbot ausgesprochen. Dafür muss noch keine körperliche Gewalt passiert sein, es genügt die Gefahr, dass Leben, Gesundheit oder Freiheit gefährdet sind.
Dem Gefährder werden die Schlüssel abgenommen, er darf die Wohnung der Gefährdeten für zwei Wochen nicht mehr betreten sowie sich ihr nicht annähern. Das Betretungsverbot wird von der Polizei auch kontrolliert. Das Gewaltschutzzentraum meldet sich beim Opfer. Der Gefährder ist verpflichtet, sich beim Verein Neustart zu melden. Dort wird mit ihm in drei bis vier Beratungsterminen daran gearbeitet, welche Anlässe zu Aggression und Gewalt geführt haben und wie er in Zukunft mit Konflikten gewaltfrei umgehen kann.
Informationen und Hilfsangebote:
Für Opfer: http://www.land-noe.at/stopp-gewalt
Für Gefährder: https://www.neustart.at/was-wir-tun/gewaltpraevention/