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Ersatzteile einfach ausdrucken?

Beim Radiogerät mit dem guten Klang ist der Einschaltknopf gesprungen, jetzt kann man nur mehr mithilfe einer Kombizange Radio hören. Beim 20 Jahre alten Geschirrspüler ist der Türgriff zerbrochen. Die Herstellerfirma gibt es noch, aber das Modell nicht mehr, und deshalb keinen Ersatzteil. Und beim Lieblingsspielzeug der Tochter fehlt ein Rad, was tagelang zu Tränenausbrüchen führt.

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Thomas Krickl (Foto: Sonja Bettel) Thomas Krickl (Foto: Sonja Bettel)

Für diese und andere Sorgen könnten 3D-Drucker eine Lösung sein – unter gewissen Voraussetzungen.

Der deutsche Philosophieprofessor Frithjof Bergmann, Gründer des Konzepts der "Neuen Arbeit", träumte schon vor 25 Jahren davon, dass wir eines Tages mithilfe von 3D-Druckern Alltagsgegenstände und Ersatzteile selbst herstellen können werden. Für Thomas Krickl, der an der Universität für angewandte Kunst in Wien Industriedesign studiert, ist das mittlerweile selbstverständlich. Als jemand, der dreidimensionale Modelle am Computer zeichnen kann, hat er den kaputten Schalter seines alten Küchenherds einfach nachgebaut und daheim aus Kunststoff hergestellt. Er hat ihn dann mit seinem 3D-Drucker, den er aus New York um 600 Euro inklusive Versand gekauft hat, "ausgedruckt".

Ein weiteres Reparatur-Werk war Teil seiner Bewerbungsmappe an der Universität: Als er im Stadl des Großvaters seinen alten Dreiradler fand – verdreckt, verrostet, Gummireifen aufgelöst, Hinterräder kaputt – beschloss er, ihn für seinen kleinen Sohn wieder fahrtüchtig zu machen. Er hat den Dreiradler zerlegt, alle Metallteile abgeschliffen, neu lackiert und wieder zusammengeschraubt. Die Hinterräder baute er in etwas veränderter Speichenform mit dem 3D-Programm Blender nach und stellte sie mit seinem 3D-Drucker her. Der Drucker setzt dafür aus einem erhitzten Kunststoffstrang, dem Filament, feine Linien mit 0,2 Millimeter Durchmesser aufeinander, bis das Stück fertig ist. Pro Rad habe das etwa neun Stunden gedauert, erzählt Thomas Krickl. Zur Verbesserung gegenüber dem Original setzte er einen Abstandhalter und ein Kugellager ein, jetzt läuft der Dreiradler schneller, als zu Thomas Krickls Kinderzeiten. Da er keine passenden Gummireifen finden konnte, klebte er Fensterdichtungen auf die Räder. Gesamte Materialkosten: 15 bis 20 Euro.

Aber natürlich braucht man für solche und ähnliche Reparaturen gewisses Know-how im Umgang mit einem 3D-Programm und dem 3D-Drucker sowie Wissen darüber, wie man etwas konstruieren muss, damit es auch hält. Denn: "Bei einem Objekt wie einem Schaltknopf zum Beispiel sieht man nicht, wie es innen gebaut ist, damit es funktioniert und auch stabil ist", gibt Thomas Krickl zu bedenken.

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Gabor und Marton Klauser (Foto: Sonja Bettel) Gabor und Marton Klauser (Foto: Sonja Bettel)

3D-Drucker-Fans helfen weiter
Viele 3D-Drucker-Fans sind jedoch hilfsbereit und helfen anderen, sich in das Thema einzuarbeiten, oder sie drucken gegen Ersatz von Materialkosten und Abnützung der Maschine für andere etwas aus. Thomas Krickl unterstützt des öfteren Studienkollegen und will in Zukunft sogar ein monatliches offenes 3D-Druck-Café anbieten.

Auf der Website Thingiverse, entstanden rund um den Drucker MakerBot, posten Nutzer auch ihre 3D-Modelle, die andere dann für ihre eigenen Zwecke verwenden. Wenn man Glück hat, hat schon jemand für den gleichen alten Küchenherd einen Schaltknopf gebaut und man kann diesen bei einem Freund oder in einem 3D-Printshop drucken lassen. Denn auch das gibt es mittlerweile, zum Beispiel auf der Landstraßer Hauptstraße in Wien.
Die Brüder Marton und Gabor Klauser haben dort im Oktober 2013 ihren 3Dee Store eröffnet, in dem sie professionelle 3D-Drucker in der Preisklasse 1.500 bis 3.000 Euro sowie Zubehör und Material verkaufen. Weil die Geräte ohnehin zur Ansicht im Geschäft stehen, bieten sie auch ein Druckservice an.

Nicht nur Kunststoff eignet sich zum Drucken
Bei den Materialien gibt es eine große Auswahl, die Marten Klauser bei unserem Besuch herzeigt: "Das Grundmaterial ist PLA, das ist ein Bio-Kunststoff, den alle 3D-Drucker verarbeiten können. Das gibt es in vielen verschiedenen Farben, auch metallic, transparent und nicht-transparent. Weiters gibt es gummiartiges Material, Nylon und Mischungen aus PLA mit Holz oder mit Sandstein. Der Kunststoff ABS ist etwas stabiler, aber auch schwieriger zu drucken, und nicht biologisch abbaubar."
Der Preis eines Drucks richtet sich nach Materialverbrauch und Druckzeit. Für den Kostenvoranschlag schickt man die Modellzeichnung an den Shop, die Druckersoftware berechnet dann den Preis. Ein Beispiel: Ein Kilo PLA kostet um die 30 Euro, ein kleiner Schaltknopf wiegt etwa 10 Gramm, macht 30 Cent Materialkosten und ca. 7 Euro für eine Stunde drucken. Das ist einerseits nicht ganz billig für ein Stück Plastik, aber wenn dafür ein teures oder geliebtes altes Gerät wieder benützbar wird, ist das seinen Preis wert. Wenn ein Gerät länger genützt werden kann, spart das außerdem Rohstoffe und Energie und reduziert den Müllberg. Beim 3D-Drucken entsteht so gut wie kein Müll, eventuell überschüssiges Material kann sogar wieder eingeschmolzen werden.

Kaffeekapsel-Problem bei billigen Druckern
Gerin Trautenberger, Gründer der Industriedesign-Firma Microgiants und Vorsitzender der creativ wirtschaft austria, der in seiner Firma drei 3D-Drucker für Prototypen stehen hat, warnt jedoch vor dem "Kaffeekapsel-Problem": In Elektromärkten gibt es bereits 3D-Drucker um ein paar hundert Euro, dafür haben die dann spezielle Kartuschen, die wesentlich teurer sind und nur für einen bestimmten Druckertyp passen. PLA-Filament, das für viele verschiedene 3D-Drucker passt, sieht aus wie ein dünnes Kabel auf einer Spule und hinterlässt kaum Verpackungsmaterial.

Wer selbst einen 3D-Drucker kaufen möchte, sollte sich deshalb in Online-Foren informieren oder in einem Fachgeschäft beraten lassen. Zu empfehlen sind "Open Source-Drucker", bei denen die Software auf Wunsch verändert werden kann. Wichtig sei die Qualität des Druckers, sagt Marton Klauser: "Ein schlechter Drucker ist nicht zuverlässig, macht Fehler und verbraucht damit zu viel Material. Das macht dann keinen Spaß."
Wer nur ab und zu etwas drucken möchte, kann über die Community 3D Hubs den nächstgelegenen Drucker suchen und seinen Druckauftrag hinschicken. So kommt man auch in Kontakt mit Gleichgesinnten.

3D-Druck Vokabular:

  • FDM (Fused Deposition Modeling): Fertigungsverfahren, mit dem ein Werkstück schichtweise aus einem schmelzfähigen Kunststoff aufgebaut wird.
  • Filament: Das Material, aus dem etwas "gedruckt" wird. Meist PLA, PLA-Mischungen mit anderen Materialien, ABS oder anderes.
  • PLA (Polylactic Acid): synthetisches Polymer aus chemisch aneinander gebundenen Milchsäuremolekülen. Biologisch abbaubar in industriellen Kompostieranlagen. Nachteil: wird ab 60°C weich.
  • ABS (Acrylonitrile butadiene styrene): ein synthetisches thermoplastisches Terpolymer. Höhere Stabilität als PLA. Nicht biologisch abbaubar.
  • Open Source: Software, deren Quelltext offenliegt. Diese kann dadurch eingesehen, verändert und weitergegeben werden.

Freie 3D-Drucker: können teilweise selbst zusammengebaut werden und haben Open Source Software. Der RepRap kann sich sogar selbst replizieren, d.h. Bauteile für den nächsten Drucker ausdrucken. Zu freien 3D-Druckern zählen z.B. RepRap Mendel, Ultimaker, Solidoodle, Witbox oder Builder. MakerBot Industries ist schon früh aus dem RepRap-Projekt entstanden und erzeugte einen freien Drucker, wurde aber 2013 verkauft und ist nun proprietär.

CAD (computer aided design): Mit CAD-Anwendungen kann man virtuelle Modelle konstruieren. Es gibt freie Open-Source 3D-Programme wie z.B. Blender, professionelle Programme können mehr, sind aber teurer und schwieriger zu benützen.

Autorin: Sonja Bettel


Weblinks:

Thomas Krickls 3D-Druck-Café: selber-3d-drucken.com
Hubs: www.hubs.com
3Dee Store: www.3dee.at
Thingiverse: www.thingiverse.com
3D-Drucker selber bauen: metalab.at/wiki/RepRap