zum Inhalt springen

Essen ist eine Superpower!

Bis zu 37 Prozent der klimaschädlichen Emissionen und die Rodung wertvoller Naturlandschaften zeigen einen klaren Auftrag an die Politik und an Konsument*innen. Denn die Klimawirkung der Ernährung in Österreich ist weitgehend unterschätzt.

Brokkoli, Tomaten, Zitronenspalten und Zwiebel mit Kräutern auf einem Brett.
Foto: Vicuschka, Photocase.de

Anlässlich des Welternährungstags startet die Umweltschutzorganisation WWF (World Wide Fund for Nature) ein neues europaweites Projekt, um das Bewusstsein über klimaschonende Ernährung zum Schutz des Planeten zu steigern.

„Eine klimaschonende Ernährung ist unsere ganz persönliche Superpower im Kampf gegen die Erderhitzung und das Artensterben. Daher muss die Politik eine Ernährungswende einleiten und die dafür notwendigen Maßnahmen beschließen“, fordert Hannah-Heidi Schindler, Expertin für nachhaltige Ernährung des WWF Österreich und verweist auf die Klimawirkung der Ernährung: Die Produktion von Nahrungsmitteln verursacht weltweit bis zu 37 Prozent der klimaschädlichen Emissionen. Hinzu kommt die Rodung wertvoller Naturlandschaften zur Schaffung von Anbauflächen: 80 Prozent der Regenwaldabholzung ist auf Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion zurückzuführen. Hauptsächlich aufgrund unseres großen Hungers auf Fleisch - Menschen in Österreicher essen etwa drei Mal so viel Fleisch wie empfohlen. Mit 60,5 kg Fleisch pro Kopf liegen wir im europäischen und weltweiten Spitzenfeld.

Laut einer repräsentativen Meinungsumfrage sind sich 57 Prozent der befragten Österreicher*innen bewusst, dass unsere Ernährung einen negativen Einfluss auf Klima und Umwelt hat. Obwohl sich also mehr als die Hälfte der Österreicher*innen Sorgen machen, dass das derzeitige Ernährungssystem den Planeten belastet, denken 40 Prozent der Befragten, dass ihr eigenes Essverhalten keine Auswirkungen auf die Umwelt hat.

Eine Grafik zeicht, dass 40% der Östereicher*innen denken, ihr Konsum hätte weder positive noch negative Umweltauswirkungen.
Grafik: World Wide Fund for Nature

Weitere 45 Prozent wissen nicht, für welche Lebensmittel sie sich entscheiden sollen, um den Planeten zu schonen. Umweltschonende Kaufentscheidungen werden zusätzlich von verschiedenen Faktoren erschwert: Als häufigste Hindernisse beim Einkauf von klimaschonenden Lebensmitteln nannten die Befragten sowohl wahrgenommene Kosten, als auch Informationsprobleme in Bezug auf die Herkunftskennzeichnung und fehlende Informationen über die Auswirkungen der Lebensmittelproduktion.

Eine Tortengrafik zeigt die Gründe für Umweltbewusste Kaufentscheidungen in Österreich. Stark vertreten sind dabei Regionalität (17%), Tierschutz (13%) und die richtige Menge (12%), wenig vertreten sind Ressourcenschonend (3%), Reduktion tierischer Produk
Grafik: World Wide Fund for Nature

Den stärksten Zusammenhang zwischen negativen Umweltauswirkungen und unserem Ernährungssystem sieht die jüngste (18 – 35 Jahre) als auch die älteste (56 – 65 Jahre) Gruppe der Befragten.

Frauen nehmen die Umweltrisiken eher wahr (86 %) als Männer (73 %). Die Zusammenhänge zwischen der weltweiten Naturzerstörung und dem Ernährungssystem sind insbesondere Menschen bewusst, die bereits auf Fleisch verzichten und sich vegan oder vegetarisch ernähren (87 %) im Vergleich zu Menschen, die auch Fleisch essen (78 %).

Klare Richtung nach vorne

Der WWF Österreich sieht in den Umfrageergebnissen einen klaren Auftrag an die Bundesregierung, die notwendigen Meilensteine für eine klimaschonende Ernährungswende zu setzen. “Die Politik darf umweltbewusste Entscheidungen nicht länger auf die Menschen abwälzen. Sie muss nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster fördern und die Hindernisse für einen klimafreundlichen Lebensstil abbauen”, fordert WWF-Expertin Schindler. Die Ergebnisse der Umfrage untermauern diese Forderung: 56 Prozent der Befragten sehen sowohl die nationale als auch die regionale Politik in der Pflicht, die negativen Umweltauswirkungen von Lebensmitteln zu verringern. 80 Prozent wünschen sich eine Anhebung von internationalen Umweltstandards.

Martin Schlatzer, Ernährungsökologe am Forschungsinstitut für ökologischen Landbau unterstreicht die Dringlichkeit einer Ernährungswende – auch aus gesundheitlichen Gründen: „Eine vegetarische, klimafreundliche Ernährung hat nicht nur Vorteile für den Planeten, sondern kann Risiken für Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes und Bluthochdruck deutlich senken.“ Auch der rein vegetarische Sternekoch Paul Ivić ist überzeugt: „Unsere Essgewohnheiten haben einen sehr starken Einfluss auf unsere Ökologie, Ökonomie, auf unser Sozialverhalten und auf unsere Gesundheit. Wenn wir bei der Ernährung auf Qualität achten, können wir ganz viel verändern.“

Sie können mit jedem Bissen helfen, indem Sie

  • mehr pflanzliche Lebensmittel essen - weniger tierische Produkte hat die stärkste Auswirkung auf die Klimabilanz.
  • weniger, aber dafür besseres Fleisch essen: Der Fleischratgeber und der Fischratgeber des WWF helfen dabei.
  • biologische Lebensmittel bevorzugen - hier lassen sich 13 Prozent der Emissionen einsparen.
  • Saisonal und regional genießen - Regionalität spart 3 bis 6 Prozent der Emissionen ein.

Eat4Change

Eine Grafik zeigt die Top Umweltsorgen in Österreich: Verschmutzung von Wasser, Luft, Boden, Landnutzungsänderungen, Biodiversitätsverlust, Veränderung der Zusammensetzung von Seen, Flüssen, Ozeanen, Auswirkungen der Klimakrise, Verschlechterung der Boden
Grafik: World Wide Fund for Nature

Das EU-kofinanzierte WWF-Projekt “Eat4Change” beschäftigt sich mit der Bewusstseinsförderung für eine klima- und umweltschonende Ernährung aus drei Blickwinkeln:

  1. Bewusstseinsbildung von EU-Bürger*innen hinsichtlich einer gesunden und nachhaltigen Ernährung.
  2. Zusammenarbeit mit Stakeholdern aus der Lebensmittelbranche, um eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktion zu ermöglichen.
  3. Politische Arbeit hinsichtlich einer nachhaltigen Ernährungswende

Im Mittelpunkt des Projekts steht die Förderung des Engagements junger Europäer*innen. Die Eat4Change-Kampagne bildet eine verbindende Grundlage: Sie schärft das Bewusstsein und schafft Engagement für gesunde und nachhaltige Ernährung. Junge „Changemaker“ werden dann als „Active Global Citizens“ gefördert und unterstützt, um den Wandel mit Gleichaltrigen und innerhalb wichtiger Systeme (Märkte und Politik) zu verstärken.

Die Umfrage wurde in neun europäischen Ländern durchgeführt. In Österreich wurden im Frühjahr 2021 1.032 Menschen im Rahmen eines Online-Panel befragt. Die Daten wurden für jedes Land nach Alter, Geschlecht, Region und sozialer Schicht gewichtet, um eine nationale Repräsentativität zu erreichen. Alle Länder wurden so gewichtet, dass sie im kombinierten europäischen Gesamtwert gleichmäßig vertreten sind.