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Klimafreundlich besser leben

Aus der Sicht des Umwelt- und Klimaschutzes enthält die Klima- und Energiestrategie der Bundes­regierung erfreuliche Grundsätze und Kernaussagen. Kommentar von René Bolz, Umweltmanagement Austria

Die Klima- und Energiestrategie enthält ein klares Bekenntnis zu den Zielen der EU bis 2030. Damit soll ein Schritt zur Erreichung des Pariser Klimaschutzabkommens vom Dezember 2015 gesetzt werden. Diese völkerrechtlich verbindliche Verpflichtung hat zum Ziel, die globale durchschnittliche Erderwärmung bis 2100 deutlich unter 2°C zu halten. Hinter dieser Zahl stehen allerdings große Herausforderungen:

Dekarbonisierung ist notwendig

Bis zur Mitte des Jahrhunderts muss eine Dekarbonisierung erfolgen, das heißt, es darf keine Emissionen von Treibhausgasen (Kohlendioxid – CO2, Methan – CH4, Lachgas – N2O, Fluorchlorkohlenwasserstoffe – FCKWs, Schwefelhexafluorid – SF6, Stickstofftrifluorid – NF3. Kohlenmonoxid – CO, Stickoxide – NOx und flüchtige Organische Verbindungen ohne Methan – NMVOC) mehr geben. Das bedeutet Umstellungen in allen – wirklich allen – Lebensbereichen. Unternehmen und Gemeinden, alle Institutionen, Politik, Wissenschaft, Verwaltung, … und natürlich jede(r) Einzelne muss mittun. Dann kann es allerdings gelingen, die Umstellung ohne schmerzliche Einschränkungen, wahrscheinlich sogar mit höherer Lebensqualität zu schaffen.

Vollversorgung mit erneuerbarer Energie ist möglich

In erster Linie geht es um Energie. Umwelt Management Austria hat gezeigt, dass eine Vollversorgung Österreichs mit erneuerbaren Energieträgern möglich ist. Das setzt allerdings eine Halbierung des Bruttoinlandsverbrauchs voraus! Das ist technisch durchaus möglich, weil wir nicht Energie sondern Dienstleistungen und Produkte brauchen: behagliche Raumqualität lässt sich je nach Gebäudezustand mit viel oder wenig Energie herstellen, Transporte von Personen und Gütern können durch geeignete Raumordnung minimiert werden und mit ganz unterschiedlichem Energieaufwand – mit dem Liebling Auto oder im „Umweltverbund“ (zu Fuß, per Rad, im Öffentlichen Verkehr) – erledigt werden usw.

Es geht aber auch um nicht-energiebedingte Emissionen, z.B. Methan, das beständig aus Rindermägen emittiert wird. Mit dem Gelingen von effizienter Energienutzung und der Umstellung auf erneuerbare Energieträger wird der Beitrag dieser Stoffe immer deutlicher merkbar. In Landwirtschaft und Ernährung sowie in Abfallwirtschaft bis hin zur Kreislaufwirtschaft besteht daher großer Handlungsbedarf auf dem Weg in eine klimaverträgliche Zukunft.

Zu langsam unterwegs

Die Klima- und Energiestrategie der Bundesregierung konzentriert sich freilich auf die Vorgaben der EU für 2030 und das reicht nicht aus, um „Paris“ zu realisieren. Die verbindlichen Ziele auf nationaler Ebene müssen also höher gesteckt werden. Befremdlich ist auch, dass die Landwirtschaft – immerhin verantwortlich für 10% der gesamten österreichischen THG-Emissionen – die Abfallwirtschaft (4%), die fluorierten Gase (3%) und jener Teil von Energie und Industrie (8%), der nicht vom Emissionshandel erfasst ist, in der integrierten Klima- und Energiestrategie keine Berücksichtigung finden. Man konzentriert sich auf Raumwärme in Wohngebäuden und Mobilität – dies wiederum durchaus verdienstvoll. So können die Verdoppelung des Radfahreranteils, die Förderung der E-Mobilität, der Ausbau der Bahn, die Steigerung der Sanierungsrate von Gebäuden und auch das (letztendliche) Verbot von Ölheizungen durchaus nennenswerte Beiträge zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern leisten.

Die Glaubwürdigkeit, das Fernziel „wesentlich unter 2°C“ erreichen zu wollen, wird zusätzlich relativiert durch die Aussage „geänderte externe Faktoren müssen bei der regelmäßigen Evaluierung berücksichtigt werden“. Wichtige Instrumente, mit denen die gesteckten Ziele erreicht werden sollen, werden abgelehnt (eine aufkommensneutrale Ökosteuer) oder Unklarheit (rechtliche Aspekte: keine neue Ölheizung ab 2020, zugleich aber „keine Verbote“).

Konkrete Umsetzungspläne fehlen

Konkrete Umsetzungspläne mit Fristen, Zeitrahmen, Zuständigkeiten und Aussagen zur Finanzierung fehlen derzeit ebenso, wie die Angabe der Wirkung von Maßnahmen sowie Möglichkeiten für ein Nachjustieren oder Sanktionen bei Nicht-Erreichung von Zielen. Zudem müssten kontraproduktive Maßnahmen wie z.B. der Ausbau von Autobahnen, die dritte Piste, Einschränkung von Mitspracherechten, Ausbau der erneuerbaren Energien ohne Berücksichtigung der Belange von Naturschutz und Biodiversität vermieden werden – es sollen aber anscheinend nur die bereits diskutierten und (z.B. vom WIFO) quantifizierten kontraproduktiven Subventionen analysiert werden. Derzeit gibt es zudem noch Nebenabsprachen mit der Mineralölindustrie und den Mitgliedsunternehmen des Fachverbands Gas und Wärme, was natürlich kontraproduktiv ist.

Wie in anderen Ländern auch braucht es eine wissenschaftliche Begleitung der Umsetzung, die Kontrolle des Erfolgs und etwaige Anpassungen von Maßnahmen, Zeitplänen, etc. Es bleibt zu hoffen, dass der soeben angelaufene Stakeholder-Prozess die Regierung dazu bringt, zu den lobenswerten Zielen auch die notwendigen Maßnahmen hinzuzufügen – ohne Schlupflöcher für diverse Lobbys.

Was jedenfalls wichtig ist:

Wir alle sollten sofort und konsequent Energie sparen, Vergeudung vermeiden, die benötigte Energie effizient nutzen und auf erneuerbare Energieträger (Photovoltaik, Windenergie, Solarthermie, Erdwärme, Biomasse, Wasserkraft) umsteigen – bei der Heizung, im Verkehr, … – aber auch durch Verhaltensänderungen wie z.B. Reduktion des Fleischkonsums den Energieverbrauch reduzieren.

Weiterbildungstipp:

Wie Unternehmen, Gemeinden und Städte, sonstige Institutionen aber auch Privatpersonen den Anforderungen gerecht werden können, kann den MSc-Lehrgang Management & Umwelt von Umwelt Management Austria besuchen, samt Master-Titel und Zertifikat für Energieberater und –auditoren.