Ist die Milchflasche ökologisch?
Nun ist sie wieder in den Supermärkten, die Milch in der Glasflasche, zur Freude der Kunden . Allerdings handelt es sich um Einwegglasflaschen – und die sind alles andere als umweltfreundlich.
„Die Milch in der Glasflasche geht überraschend gut. Damit haben wir nicht gerechnet“, sagt die Kassierin, während sie die Biomilch über den Scanner zieht. „Aber die Leerflasche können Sie nicht zurückbringen, das ist nur Einweg, die müssen Sie in den Glascontainer werfen.“ Ich freu mich über die Milch im Glas, schließlich schmeckt auch der Wein aus der Flasche besser als aus dem Karton. Dass kein Mehrwegsystem dahintersteht, ist natürlich ein großes Manko, das es zu ändern gilt. Bis dahin nutze ich mein eigenes Mehrwegsystem: ich wasche die Flasche im Geschirrspüler und befülle sie mit frischer Milch aus dem Tetrapack.
Wer bietet Milch in Glasflaschen?
Es gibt jetzt die Berghof Bergbauern Milch von Schärdinger, die Bio-Vollmilch von Ja! natürlich, die Bergbauern Bio-Vollmilch von Spar Natur*pur, die Bergbauernmilch von Tirol Milch und die Bergbauern Bio-Almmilch von Zurück zum Ursprung in der Glasflasche. Auch Joghurtprodukte werden von einigen der genannten Marken neu im Glas angeboten. Abgefüllt werden alle Produkte von der Bergland-Milch Tochter Tirol Milch in Wörgl. Auf den Websites von Ja! natürlich und Tirol Milch wird ausführlich argumentiert, warum man sich gegen ein Mehrwegsystem entschieden hat.
DIE UMWELTBERATUNG Wien hat die Anbieter-Argumente für Einweg einem Fakten-Check unterzogen:
Stimmt es, dass Mehrweg-Glasflaschen viel mehr Transporte verursachen als Einweg-Glasflaschen?
Nein. Denn verbrauchte Einweg-Glasflaschen lösen sich nicht in Luft auf und neue Einweg-Glasflaschen fallen (zum Glück) nicht vom Himmel.
Eine Mehrweg-Glasflasche wird einmal vom Glaswerk zum Abfüller transportiert. Danach wird sie viele Male im Kreislauf zwischen Abfüller, Handel, KonsumentInnen und retour transportiert.
Eine Einweg-Glasflasche wird jedes Mal neu vom Glaswerk antransportiert. Danach kommt sie vom Abfüller zum Handel, zu KonsumentInnen, zur Altglassammelstelle, zur Umladestation und zum Glaswerk, wo sie eingeschmolzen wird und von wo laufend neue Einweg-Glasflaschen zum Abfüller transportiert werden. Ein Transportvorteil beim Einwegsystem ist, dass das Glas am Weg von der Altglassammelstelle bis zum Glaswerk als Scherben transportiert werden kann und damit mehr Glas in einen LKW passt. Dafür macht das Glas im Einwegsystem eben noch den „Umweg“ übers Glaswerk. Und Glaswerke sind nicht immer gleich ums Eck. Die Flaschen der neuen Milchprodukte werden von der Firma Vetropack produziert, also entweder im Glaswerk Pöchlarn oder Kremsmünster und werden von dort zum Abfüller in Wörgl transportiert. Altglas wird überwiegend auch wieder zu diesen Glaswerken transportiert oder zur Firma Stölzle in Köflach oder zu einem Glaswerk im Ausland.
Machen die besonderen Hygieneanforderungen ein Mehrwegsystem bei Milchprodukten unmöglich?
Nein. Es stimmt sicherlich, dass Milchprodukte hygienisch andere Herausforderungen bringen als Mineralwasser oder Bier. Dass der Handel und ProduzentInnen das problemlos lösen können, zeigen sie schon seit langem. Seit Jahrzehnten gibt es Milch in Mehrwegglasflaschen, früher auch in den großen Supermärkten und noch immer in vielen kleineren Geschäften. Und Joghurt wird nach wie vor auch von Billa, Spar etc. im Glas-Mehrweggebinde angeboten (z.B. Joghurts von „Landliebe“). Man darf davon ausgehen, dass der Handel nur solche Lebensmittel verkauft, die er als sicher und hygienisch einwandfrei erachtet.
Auch wenn das Leergut aus Hygienegründen mehrmals wöchentlich abgeholt werden müsste, sollte das kein Problem darstellen in Geschäften, die täglich mit frischen Milchprodukten und anderen Frischwaren beliefert werden.
Macht der Reinigungsaufwand für Mehrwegflaschen jeden Umweltvorteil zunichte?
Nein. In allen veröffentlichten Ökobilanzen, in denen Glas-Einwegflaschen mit Glas-Mehrwegflaschen verglichen wurden, war das Ergebnis eindeutig: Glas-Mehrweg ist in Summe ganz klar umweltfreundlicher als Glas-Einweg. Natürlich verursacht der Waschvorgang bei Mehrwegflaschen einen Aufwand an Energie, Wasser und Reinigungsmitteln. Aber dieser ist in jeder Ökobilanz bereits berücksichtigt. Im Übrigen muss auch Einwegglas vor dem Einschmelzen gereinigt, sortiert und zermahlen werden.
Wenn die Flaschen recycelt werden, sind sie dann genauso umweltfreundlich wie Mehrwegflaschen?
Nein. Es ist ökologisch natürlich wichtig, dass Einweg-Glas im Glascontainer entsorgt wird und nicht im Restmüll. Nur so ist Recycling möglich. Weil die ÖsterreicherInnen sehr genau bei der Altglastrennung sind, funktioniert das Glasrecycling in Österreich sehr gut. Der Recyclinganteil ist auch bei Ökobilanzen bereits eingerechnet, dennoch schneiden Einweg-Glasflaschen dabei schlechter ab als Mehrweg-Glasflaschen. Wäre der Recyclinganteil bei Einweg-Glasflaschen nicht so hoch, dann würde die Verpackung bei Ökobilanzen noch viel schlechter abschneiden, als sie es ohnehin tut. Der Hauptgrund für das schlechte Abschneiden ist der hohe Energieaufwand, der in der Glasproduktion notwendig ist. Beim Recycling bleiben zwar wertvolle Rohstoffe erhalten, das Altglas muss aber auch wieder eingeschmolzen und zu neuen Flaschen geformt werden. Man kann sich gut vorstellen, dass es wesentlich energieaufwändiger ist, eine Flasche einzuschmelzen als sie einfach gründlich zu reinigen. Darüber hinaus werden bei der Produktion von Flaschen immer auch neue Rohstoffe beigemischt. In Österreich produzierte Glasverpackungen bestehen im Schnitt zu 2/3 aus Altglas und zu 1/3 aus Primärrohstoffen. Bei Weißglas, wie es auch in den neuen Milchflaschen verwendet wird, ist der Recyclinganteil tendenziell etwas niedriger.
Ist Mehrweg-Glas gefährlich wegen Verunreinigungen und Glassplittern?
Nein. Mehrwegflaschen werden vor einer Wiederbefüllung gereinigt und auf Schäden geprüft. Dass das gut funktioniert, zeigen bewährte Mehrwegsysteme bei Bier, Mineralwasser, etc. aber auch bei Milchprodukten seit Jahrzehnten. Es ist schwer vorstellbar, dass Handel und Produzenten ernsthafte Zweifel an der Sicherheit dieser Produkte hätten, die sie seit Jahrzehnten problemlos verkaufen. Im Übrigen müssen auch Einwegglasflaschen natürlich auf Schäden überprüft werden. Dass in absoluten Ausnahmefällen trotzdem Schäden vorkommen können, gilt sowohl für Mehrweg- als auch Einweg-Glasverpackungen. Diese Erfahrung hat z.B. Ja! natürlich bereits bei Sugos in Einweg-Glas-Verpackungen gemacht und diese Produkte natürlich entsprechend zurückgerufen, was wiederum zeigt, dass die Kontrollmechanismen in der Regel gut funktionieren.
Gibt es in Österreich überhaupt die Möglichkeit, in Glas-Mehrweg abzufüllen?
Ja. Es gibt mehrere Milchbauernhöfe, die ihre Produkte in Glas-Mehrwegflaschen abfüllen, insbesondere Biomilch. Diese regionalen Mehrweg- Produkte sind ökologisch ganz besonders empfehlenswert. Prinzipiell wäre die Einrichtung einer Mehrwegabfüllung auch bei Großbetrieben natürlich möglich, wenn man es will. Für die Produkte, die neuerdings in Einweg-Glas verkauft werden, wurde eine neue Einweg-Glas Abfüllanlage mit einem Investitionsvolumen von über einer Million Euro errichtet. Eine Erweiterung zu einer Mehrwegabfüllung wäre jedenfalls aus Umweltsicht wünschenswert.
Sind Mehrwegglasflaschen schwerer als Einwegglasflaschen?
Nicht unbedingt. Im Rahmen der Einführung der neuen Milch-Einwegglasflaschen wurde mehrfach das Argument geäußert, diese seien wesentlich leichter als Mehrwegglasflaschen. Wir wollten es genau wissen und haben mehrere Flaschen abgewogen. Eine Milch-Mehrwegglasflasche eines steirischen Biohofs kommt inkl. Deckel auf 455g, die neuen Einwegglasflaschen auf 442g, eine andere Mehrwegglasflasche von einem Biohof aus dem Waldviertel auf 422g. Das zeigt: im befüllten Zustand sind die Gewichtsunterschiede im Bereich von ±1% und damit ohne Waage gar nicht spürbar. Und es gibt Mehrwegglasflaschen für Milch, die sogar um 20g leichter sind als die neu eingeführten Einwegglasflaschen. Interessant ist der Vergleich auch bei den neuen Joghurts: Das Glas kommt mit Deckel auf 265g und wiegt damit sogar deutlich mehr als die aktuellen Pfandgläser der Marke „Landliebe“ mit 231g, und das obwohl sie mit 10% weniger Joghurt gefüllt werden.
Aber man kann die Einweg-Gläser ja selbst wiederverwenden, oder?
Ja, aber ... Es gibt viele kreative Ideen, wie die Einweg-Glasflaschen wiederverwendet werden können: Als Behältnisse für andere Speisen, als Blumenvasen, als Windlichter etc. Das sind natürlich alles gute und sinnvolle Ideen, aber wird dadurch der Verkauf von Einwegglasflaschen in großen Mengen wirklich umweltfreundlicher? Machen wir uns damit nicht etwas vor? In Österreich werden jährlich über 400.000 Tonnen Glasverpackungen produziert. Wir ÖsterreicherInnen verbrauchen pro Jahr durchschnittlich fast 80l Milch (Trinkmilcherzeugnisse inkl. Joghurt und Sauermilch). Wie viele Vasen und Windlichter braucht der Mensch?
Aber hat Glas als Qualitätsverpackung nicht auch viele Vorteile?
Ja. Glas ist ein hochwertiger Packstoff und hat durchaus in vielen Bereichen Vorteile gegenüber anderen Verpackungen. Glas ist ein inertes Material - aus dem Glas lösen sich keine Stoffe in die Flüssigkeit, es bietet einen guten Schutz für den Inhalt. Und sollte einmal eine Verpackung in die Umwelt gelangen, statt ins Recycling, dann ist das Glas wohl weniger problematisch als Kunststoffe. Aber gerade weil Glasflaschen eine hochwertige und aufwändig produzierte Verpackung sind, ist es viel zu schade, sie nur einmal zu verwenden. Besonders in Bezug auf Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen schneiden Einweg-Glasflaschen-Systeme einfach sehr schlecht ab, hier sind vor allem regionale Mehrwegsysteme um Vieles besser.
Wer Glas sagt, muss auch Mehrweg sagen!
Fazit: DIE UMWELTBERATUNG gibt für die Milchprodukte im Einwegglas keine Kaufempfehlung. Milchprodukte in Mehrweg-Glassystemen wären hingegen ein tolles, umweltfreundliches Angebot.
Wünschen Sie sich Milchprodukte im Glas-Mehrwegsystem? Dann sagen Sie doch auch dem Handel Ihre Meinung dazu und tragen Sie dazu bei, dass zukünftig umweltfreundliche Mehrwegprodukte angeboten werden! Oder diskutieren Sie mit auf den Facebookseiten von Spar, Ja! natürlich, Schärdinger, Tirol Milch und Zurück zum Ursprung!
Quelle und weitere Infos: www.umweltberatung.at