Pestizid-Potpourri: Blumengeschenke
Pünktlich zum Muttertag zeigt GLOBAL 2000-Test: Bis zu 39 Pestizide auf Blumensträußen.
Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 hat anlässlich des nahenden Muttertags Blumensträuße, Zimmerpflanzen und Gartenblumen unter die Lupe genommen. Die Proben wurden dabei von einem unabhängigen Labor auf über 600 Pestizidwirkstoffe getestet. Die Ergebnisse sind, mit einem Wort, verheerend.
„Wir haben in unserem Test auf auf über 90 Prozent der Proben Rückstände von Pestiziden gefunden. Spitzenreiter war ein ‚Biedermeier‘-Blumenstrauß mit 39 Wirkstoffen.“ so GLOBAL 2000-Pestizidexpertin Dr. Waltraud Novak zu den Ergebnissen. „Die Hälfte aller gefundenen Pestizide kann gesundheitlich sehr bedenkliche Auswirkungen haben, diese Substanzen können unseren Hormonhaushalt stören und krebserregend oder fortpflanzungsschädigend sein. Will man so ein Pestizid-Potpourri wirklich seiner Mama in die Hände drücken?“, ist Novak besorgt.
Verbotene Pestizide
Sogar ein als „natürlich“ gekennzeichneter „Saisonstrauß“ ist durchgefallen. Gleich fünf der 24 dort gefundenen Pestizide sind in der EU verboten. Darunter der Wirkstoff Carbendazim, der bereits seit 2014 in der EU nicht mehr zugelassen ist, da er als als mutagen und fortpflanzungsschädigend eingestuft ist. Diese Substanz kann genetische Defekte verursachen, die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und sogar das Kind im Mutterleib schädigen.
„Unsere Ergebnisse decken problematische Doppelstandards der EU auf“,führt Novak weiter aus. „Europäische Pestizid-Hersteller wie Bayer oder Syngenta exportieren Pestizide, die in der EU wegen ihrer schwerwiegenden gesundheits- oder umweltschädlichen Eigenschaften nicht mehr zugelassen sind, in andere Kontinente, was dort die Gesundheit von Mensch und Umwelt gefährdet. EU-Staaten importieren diese nicht zugelassenen Pestizide dann wieder mit den zugekauften Pflanzen – und das großteils unkontrolliert“.
Blumen kommen von weit her
Die untersuchten Orchideen – ebenfalls beliebte Muttertagsgeschenke – waren zwar geringer belastet, aber wie auch die anderen Zier- und Schnittpflanzen stammen auch sie meist von weit her. „Schnittblumen kommen meist aus Ländern des Südens, wie Äthiopien, Kenia, Tansania oder Ecuador. Die Arbeiter*innen auf den dortigen Blumenfarmen – überwiegend Frauen – müssen mit diesen giftigen Substanzen hantieren, und das oft ohne geeignete Schutzausrüstung. Einige können sogar genetische Defekte verursachen und das Kind im Mutterleib schädigen. Gerade zum Muttertag sollten wir auch an die Mütter in anderen Ländern denken“, gibt Novak zu bedenken.
Komplett ungeregelt
In Österreich, wie auch in der gesamten EU, gibt es derzeit kein Gesetz, das Pestizidrückstände auf Zierpflanzen regelt. Weiters soll das von der EU angedachte Exportverbot für nicht-zugelassene Pestizide rasch umgesetzt werden.
Während sich das Sozialministerium für „nicht zuständig“ erklärt, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium: „Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die rechtlichen Vorgaben europaweit geregelt sind und Angelegenheiten zu Pflanzenschutzmittelrückständen in die Zuständigkeiten des BMSGPK (Anm: das Sozialministerium) fallen. Zu den von Ihnen angeführten Punkten kann leider fachlich keine Stellungnahme abgegeben werden, da weder konkrete Produkte, noch die verwendeten Methoden, oder die konkreten Rückstandsmengen angeführt wurden. Damit kann auch nicht beurteilt werden, ob gesetzliche Vorschriften hinsichtlich Rückstände verletzt wurden.“
Waltraud Novak konstatiert dazu: „Für Zierpflanzen gibt es gar keine ,gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich Rückstände‘ die beurteilt werden hätten können. Offensichtlich fühlt sich auch kein Ministerium für Pestizide auf Blumen zuständig, ein Umstand der zu Denken gibt. Konsument*innen, Florist*innen und Gärtner*innen werden damit alleine gelassen. GLOBAL 2000 fordert Minister Rauch und Minister Totschnig deshalb dringend auf, sich für Pestizid-Rückstandshöchstmengen bei Zierpflanzen und Schnittblumen auf EU-Ebene einzusetzen.“
Am besten selber pflücken
Was kann dann zum Muttertag überhaupt noch geschenkt werden? Novak plädiert fürs Selbermachen: „Ein duftender Fliederstrauß oder ein selbst gepflückter Wiesenblumenstrauß können ein herzliches Dankeschön bedeuten. Und dass dabei weder andere Menschen noch die Umwelt geschädigt werden, ist ein zusätzliches Geschenk. Ansonsten können Konsument*innen darauf achten, dass die Blumen aus biologischem Anbau stammen, denn bei Bio dürfen keine chemisch-synthetischen Pestizide eingesetzt werden. Auch Pflanzen aus heimischem Anbau sind eher zu empfehlen, als solche von weit her“, so Novak abschließend.