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Sei kein Fossil!

Abkehr von fossilen Brennstoffen - längst überfällige Entscheidung, aber viele Lücken und Schlupflöcher. Das sagen Südwind, Greenpeace und WWF zur Weltklimakonferenz 2023.

Menschen halten leuchtende Ballons hoch, davor steht auf einem großen Schild
Foto: Marie Jacquemin/Greenpeace

Die Klimakonferenz in Dubai beginnt und endete mit einem Hoffnungsschimmer für den Klimaschutz. "Die fossile Industrie, die mit ihrem skrupellosen Handeln das Klima zerstört und Menschenleben bedroht, hat ein Ablaufdatum erhalten. Das ist ein wichtiger Schritt nach vorne und ein echter Hoffnungsschimmer am Horizont”, zieht Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich Bilanz. Nach einem wochenlangen Ringen um den fossilen Ausstieg im Abschlussdokument, bekannte sich die Weltgemeinschaft darin nicht nur zum Ausbau erneuerbarer Energien, sondern auch zum ersten Mal in 30 Jahren zu einem Ende von Kohle, Öl und Gas. "Erstmals überhaupt werden fossile Energieträger als Hauptverursacher der Klimakrise in einem Abschlussdokument beim Namen genannt. Das ist ein wichtiger Fortschritt auf der UN-Ebene, aber weit weg von der Ambition und Dringlichkeit, die es tatsächlich braucht”, erklärt auch WWF-Klimasprecher Thomas Zehetner.

Die Weltklimakonferenz konnte jedoch keine Einigung auf den Ausstiegsplan bis 2050 erzielen. “Damit fehlt es noch immer an der nötigen Ambition für ein klares Ende des fossilen Zeitalters”, kritisiert  Zehetner. Gefährliche Schlupflöcher blieben im Abschlusstext jedoch bestehen, warnen sowohl Greenpeace als auch WWF. So würde die Tür für Technologiemärchen wie die Kohlenstoffspeicherung und Atomkraft offen gehalten und klimaschädliches Gas verharmlost. "Österreich darf sich davon nicht beirren lassen und muss auch hierzulande Öl- und Gasprojekten eine klare Absage erteilen", so Duregger.

Neben dem fossilen Ausstieg fordert das Abschlussdokument die Staaten auch auf erneuerbare Energien auszubauen, schneller aus der Kohle auszusteigen und die Emissionen im Verkehrssektor zu senken. Bei den Vorgaben für die nationalen Klimaschutzpläne fällt die Bilanz jedoch getrübt aus. „Die erste globale Bestandsaufnahme entfaltet nicht genug Verbindlichkeit, damit die nächste Runde der nationalen Klimabeiträge die Welt auf Klimakurs bringt. Die Verantwortung liegt jetzt einmal mehr bei den einzelnen Staaten, entschlossen voranzugehen und Maßnahmen umzusetzen“, so Zehetner.

Klimawandel-fonds

Positiv zu bewerten ist der schnelle Beschluss zum Finanztopf für klimabedingte Schäden und Verluste zu Beginn der Verhandlungen, reüssiert Greenpeace. Als nächstes muss der Fonds aber noch ausreichend finanziell dotiert werden. Einen Beitrag bleibt auch Österreich hier vorerst noch säumig. Immerhin hat Klimaschutzministerin Leonore Gewessler auf der Weltklimakonferenz aber 35 Millionen Euro im Namen Österreichs für Anpassungsmaßnahmen an die Klimakrise zur Verfügung gestellt. Das Geld unterstützt besonders betroffene Staaten im Globalen Süden mit Frühwarnsystemen und Anpassungen. In ihrer Rede bekräftigte Bundesministerin Gewessler die Verantwortung, die Österreich als reiches und sicheres Land gegenüber den ärmsten Ländern hat. Diese leiden schon heute massiv unter den Auswirkungen der Klimakrise. „Daher muss jetzt auch gerechte Klima-Entschädigung in Form eines wesentlichen Erstbeitrags zum neuen Loss & Damage Fonds für Verluste und Schäden durch die Klimakatastrophe folgen!“, so Südwind-Sprecherin Aigelsperger. Dazu ruft Südwind die Klimaschutzministerin in einer aktuellen Petition auf.

Aigelsperger gibt auch zu bedenken, dass im vorläufigen Entwurfstext konkrete Ziele und Fristen fehlen, die Finanzierungshöhe viel zu gering ist und es keine Verbindlichkeit für Industriestaaten gibt tatsächlich einzuzahlen. Die bisherigen Zusagen belaufen sich auf rund 700 Millionen US-Dollar, das sind bloß ein Tausendstel der erforderlichen Mittel. Dabei sind die nicht-wirtschaftlichen Verluste und Schäden, wie zum Beispiel der Verlust von Menschenleben, Wohnraum und kulturellem Erbe, noch gar nicht eingerechnet. Aigelsperger: „So wird Klimagerechtigkeit nicht erreicht werden!“

Allein zwischen 2000 und 2019 haben sich die wirtschaftlichen Schäden in den 55 am härtesten von der Klimakrise getroffenen Länder auf über 525 Milliarden US-Dollar belaufen. Dies hat den materiellen Wohlstand dieser Länder im Schnitt um 20 Prozent reduziert. „Es ist essenziell, dass die Größe des Fonds ausreicht, um sowohl wirtschaftliche als auch nicht-wirtschaftliche Kosten für Rehabilitation und Wiederaufbau von betroffenen Communities zur Gänze abzudecken, sowie deren Mittel und Kapazitäten für Klima-Resilienz zu stärken.“ analysiert Klimagerechtigkeits-Expertin Aigelsperger.

Österreichs Politik gefordert

Sowohl Greenpeace als auch WWF fordern die Bundesregierung und die Bundesländer nun zum Handeln auf - und auch Aigelsperger erklärt: „Nur ein vollständiger Ausstieg aus fossilen Energien, ein echtes Phase Out, leistet die notwendige Ursachenbekämpfung und verhindert noch mehr Verluste, Schäden und Anpassungskosten!“

„Mit dem aktuellen Kurs wird Österreich seine Klimaziele deutlich verfehlen. Daher muss die Politik den Ausstieg aus fossilen Energieträgern beschleunigen und dafür endlich an die Wurzeln der Probleme gehen”, fordert Zehetner: “Österreich hat einen viel zu hohen Energie- und Bodenverbrauch und verschwendet immer noch viele Milliarden für umweltschädliche Subventionen. Auch der Naturschutz wird politisch vernachlässigt, weil die Länder bremsen und blockieren.”