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Lebenswerte Friedhöfe

Wo Menschen sind, gibt es Friedhöfe. Diese Orte der Besinnung sind gleichzeitig auch Naturoasen. Ein Ratgeber für eine vogelfreundliche Grabgestaltung und Pflege.

Ein Hausrotschwanz sitzt auf einem Grabstein.
Foto: Lisa Lugerbauer

„Auf einem Friedhof kann es viel Leben geben!“, weiß Christina Nagl von BirdLife Österreich, und verweist auf das Potential, die Artenvielfalt im Siedlungsraum zu steigern: „Wie wir unsere Friedhöfe und Gräber gestalten, hat einen großen Einfluss auf die Biodiversität.“ Zwischen April und Juni war ein zehnköpfiges Team unter ihrer Projektleitung in sechs Bundesländern auf 44 Friedhöfen unterwegs, um Vögel und Lebensraumparameter zu erheben.

Bunte Vogelvielfalt am Friedhof

Die Wissenschaftler*innen erfassten 67 vorkommende Vogelarten mit insgesamt 1.528 Vögeln. „Die an den meisten Ruhestätten anwesende und die am häufigsten festgestellte Vogelart ist die Amsel, gefolgt von Kohlmeise, Stieglitz, Mönchsgrasmücke und Buchfink“, so Nagl, doch: „auch seltene und gefährdete Arten, allen voran der Girlitz, wie auch der Bluthänfling, Blutspecht und Halsbandschnäpper, haben wir rund um die Gräber beobachtet.“ Der Girlitz ist ein Gartenvogel aus der Familie der Finken, der sich ausschließlich von Wildkräuter- und Wildblumensamen ernährt. Auch bei der Jungenaufzucht ist er, im Gegensatz zu vielen andere Vogelarten, von einem reichlichen Samenangebot abhängig. Sein Bestandsindex sank in den letzten 25 Jahren um 89 Prozent! „Naturnahe Friedhöfe mit wenig Versiegelungen und einer höheren Baumbepflanzung stellen ein wichtiges Refugium und gleichzeitig einen Vorkommensschwerpunkt für diesen stark gefährdeten Finkenvogel dar, der so sehr angewiesen ist auf einen möglichst naturnahen Lebensraum innerhalb der Siedlungen“, so die Ornithologin.

Mehr Bäume, Hecken und Grabbepflanzung: mehr Vogelarten

Unumstritten ist die Wichtigkeit von Bäumen und Sträuchern am Friedhofsgelände für die Vögel, wie die Auswertungen zeigen: „Mit steigender Anzahl der Bäume sowie dem Vorhandensein von Hecken nimmt auch die Artenzahl der Vögel zu“, berichtet Christina Nagl über relevante Lebensraumparameter: „Ein höherer Anteil an bepflanzten, nicht versiegelten Gräbern wirkt sich ebenso positiv auf die Artenzahl aus. So können wir einfache aber effektive Tipps geben, wie wir Menschen die Artenvielfalt steigern können und einen wichtigen Beitrag leisten für das Überleben unserer heimischen Vögel!“

Ratschläge

Menschen, die ein Grab besitzen oder pflegen können bereits mit einfachen Mitteln einen wertvollen Beitrag für einen lebenswerten Friedhof leisten - hier ein Auszug aus dem Ratgeber:

  • Verzichte auf eine Versiegelung des Grabes.
  • Pflanze hübsch blühende heimische Wildkräuter und Pflanzen wie Glockenblumen, Vergissmeinnicht, Efeu & Co.
  • Verwende torffreie Erde.
  • Verzichte auf Pestizide und Kunstdünger.
  • Gestalte einen bunten Blumenstrauß aus frischen oder getrockneten Blüten, etwa mit Samenkapseln (Mohnblumen). Lass deiner Kreativität freien Lauf!

Der druckfrische Folder „Lebenswerte Friedhöfe – Tipps für eine vogelfreundliche Grabgestaltung“ skizziert, wie Gräber naturnah bepflanzt und gestaltet werden können. Kostenfrei zu bestellen unter office@birdlife.at bzw. 01-523 46 51.

Friedhofsverwaltungen und Gemeinden können mit einer naturnahen Friedhofsgestaltung und –pflege ebenso einen wertvollen Beitrag für einen lebenswerten Friedhof leisten:

  • Erhalte alte Bäume und belasse nach Möglichkeit Totholz auf dem Friedhof.
  • Pflanze vorwiegend heimisches Laub- und Nadelgehölz.
  • Lass bunte Blumenwiesen entstehen, indem du nur zwei bis drei Mal pro Jahr und nie alles auf einmal mähst.
  • Gestalte Grünflächen, die niedrig bleiben sollen, als bunte Blumenrasen. Verzichte auf versiegelte Wege und gestalte diese stattdessen als Schotterwege (Schotterrasen), Wiesenwege oder trittfeste Blütenrasen.
  • Lass auf wenig genutzten Flächen Raum für Natur: Wildkräuter, die über den Winter stehen bleiben dürfen, Totholz- oder Reisighaufen und aufgeschichtete Steine sind wertvolle Lebensräume.
  • Begrüne Mauern mit Efeu, Kletterrose, Waldrebe oder Jungfernrebe.
  • Schaffe Wasserstellen für Tiere mit einer Ausstiegshilfe für sicheren Zugang.
  • Halte nach Möglichkeit Öffnungen an Gebäuden offen, um Vögeln Nistmöglichkeiten anzubieten
  • Gestalte Gräber vielfältig mit insekten- und vogelfreundlichen Pflanzen.
  • Verzichte auf Pestizide und Kunstdünger und verwende torffreie Erde.

Die Broschüre „Lebenswerte Friedhöfe – Ratgeber für eine vogelfreundliche Gestaltung und Pflege“ ist besonders auf die Ansprüche von Gemeinden und Friedhofsverwaltungen abgestimmt. Kostenfrei vorzubestellen (erhältlich ab Dezember 2023) unter office@birdlife.at bzw. 01-523 46 51.