TTIP: Schluss mit den Hinterzimmer-Deals!
Der Vertrag, der die gesamte Wirtschaftsordnung zwischen Europa und den USA neu regeln soll, dient angeblich dem Wohle aller davon betroffenen BürgerInnen – nur über die Inhalte sollen diese nichts erfahren. Kommentar von Alexander Egit, Geschäftsführer Greenpeace Österreich
Drei Jahre lang schon wird hinter verschlossenen Türen am Handelspakt TTIP gewerkt. Selbst viele Spitzenpolitiker Europas scheinen erschreckend wenig über ein Abkommen zu wissen, das tief in die demokratie- und umweltpolitischen Belange des Kontinents eingreifen würde. Diese Heimlichtuerei allein wäre schon alarmierend genug. Doch seit Greenpeace am 2. Mai etwa die Hälfte der Verhandlungstexte veröffentlicht hat, ist klar: Die schlimmsten Befürchtungen zu TTIP könnten Wirklichkeit werden. Hier wird gerade ein mächtiger Rammbock gezimmert, der bisher fest verankerte Schutzmechanismen für Umwelt und Konsumenten aus dem Weg räumen kann.
Die Dokumente, die den Stand vor der jüngst abgeschlossenen 13. Verhandlungsrunde zeigen, beinhalten zahlreiche besorgniserregende Passagen. Der EU-Standard des Vorsorgeprinzips findet keinerlei Erwähnung, gleichzeitig drängen die USA auf die Anwendung des Risikoprinzips. Dadurch könnte es in Europa künftig möglich werden, dass auch hoch umstrittene und bislang in vielen Ländern nicht zugelassene genmanipulierte Pflanzen und Lebensmittel oder auch mit Wachstumsbeschleunigern erzeugtes Fleisch so lange angebaut und konsumiert werden, bis deren Schädlichkeit nachgewiesen ist. Im Kapitel zur regulatorischen Kooperation fordern die USA, dass Bestimmungen, die den Handel hemmen, auch nachträglich zurück genommen werden dürfen. So könnten Regelungen wie zum Beispiel jene zur Lebensmittelkennzeichnung ausgehöhlt werden.
Nun ist Eile geboten. Denn mit dem fertig verhandelten EU-kanadischen Handelspakt CETA droht uns schon in den nächsten Monaten ein TTIP durch die Hintertür. Alle vertraglichen Giftzähne wie etwa Sonderklagerechte für Konzerne sind auch in CETA enthalten. 42.000 US-Unternehmen und viele europäische Firmen haben Niederlassungen in Kanada. Sie könnten europäische Staaten dann über die im Vertrag vorgesehene Paralleljustiz auch ohne TTIP klagen.
Die Front hierzulande gegen TTIP und CETA wird immer breiter. Auch Ex-Bundeskanzler Werner Faymann hat sich im Zuge der TTIP-Leaks gegen jegliches Abkommen ausgesprochen, das unsere hohen Standards gefährdet. Jetzt ist dringend Einigkeit gefragt: Es braucht einen gemeinsamen Regierungsbeschluss im Sinne der Umwelt und der Demokratie. Die österreichische Bundesregierung muss die Notbremse ziehen und auf EU-Ebene ein Veto gegen die beiden Handelspakte einlegen. Ansonsten könnte uns still und heimlich eine Zwangsjacke verpasst werden, aus der es kein Entkommen gibt.