zum Inhalt springen

Überall die gleiche Vielfalt

Mehr, mehr, mehr! Das ist eine der Parolen unserer Zeit, die sich in den Supermarktregalen widerspiegelt. Während man früher im Winter gerade einmal die Wahl zwischen Kartoffeln, Kraut und Karotten hatte, isst man sich heute in einer Woche mühelos um die Welt.

laboncahofschwein
Die romantische Vorstellung vom Bauernhof mit Kühen, Schweinen und Schafen findet man heute eher in Kinderbüchern denn in der Realität. Laboncahof

Die Vielfalt auf unseren Tellern ist enorm, könnte man meinen. Doch wie so oft trügt der Schein. Denn der bunte Mix aus aller Welt ist mittlerweile in aller Welt der gleiche. Und wenn das Angebot einzelne auch überfordern mag, nimmt die Vielfalt weltweit ab.

"Es ist vor allem eine Vielfalt der Marken, der Verpackungen und der Werbeslogans", meint Professor Christian Vogl von der Universität für Bodenkultur im Gespräch mit der Lebensart, "doch die regionale Vielfalt schwindet und damit auch die globale."

Wenn man nun zum Beispiel Äpfel auch fast rund um den Globus kaufen kann, sind es nur wenige Sorten die den Markt bestimmen. Während früher die Natur selektiert hat, macht dies nun der Mensch. Nun ist es kaum mehr entscheidend, wie robust Pflanzen gegenüber Krankheitserregen sind (denn dafür gibt es ja Pestizide) oder wie viel Hitze sie vertragen, (denn der Mensch kann ja bewässern). Heute werden vor allem jene Sorten angebaut und gezüchtet, die schnell wachsen, die maschinell leicht zu ernten sind, am besten in rechteckige Kartons passen und möglichst lange möglichst schön aussehen.

Auf einem Bein ist schlecht stehen

Diese scheinbar überlegenen Sorten bergen ein großes Risiko. Monokulturen sind instabil. In den Anden bauten die Bauern früher bis zu 20 verschiedene Kartoffelsorten auf einem Feld an. Je nach Witterungsbedingungen gediehen in einem Jahr dann eher die Hitze-, Frost- oder die Nässeresistenten oder jene, die gegenüber gewissen Schädlingen unempfindlicher sind. Treten heute Komplikationen auf, ist stets die ganze Ernte betroffen. Dann sind Unmengen an Pestiziden aufgerufen, die Existenzen der Bauern zu retten. Aber nicht nur für den Fall von Katastrophen ist die Artenvielfalt vonnöten. Regionale Spezialitäten, alte Obst- und Gemüsesorten, Produkte von fast vergessenen Nutztieren stillen die Sehnsucht des Menschen nach dem Unterschiedlichen.

Tierisch nützlich

Auch vor den Weiden und Ställen hat die Industrialisierung der Landwirtschaft nicht halt gemacht. Das neue Rezept lautet: Eine (Hochleistungs-)Tierart, ein Produkt. Das garantiert für größte Leistung in kürzester Zeit. Alte Rassen können da unmöglich mithalten. Und doch werden sie seit einigen Jahren immer beliebter. Selbst in kargen Gegenden gedeihen alte Haustierrassen prächtig. Sie werden meist dort wieder angesiedelt, wo sie früher einmal beheimatet waren. Vor allem in hügeligen und bergigen Gegenden gibt es besonders gut angepasste Ziegen und Schafe genauso wie sportliche Rinder. Und wenn man diese einmal in ihrem Element gesehen hat, fragt man sich schon, wer jemals die glorreiche Idee hatte, unbewegliche, riesige Hochleistungsrassen den Berg hochzujagen.

 

Weitere Informationen:

www.arche-austria.at, www.bio-austria.at, www.slowfoodaustria.at