Saatgut: Zehn Konzerne bestimmen Weltmarkt
Die Vielfalt der Pflanzen ist in Gefahr! In den Gärten gedeihen nur noch CMS-Hybride und andere Mutationen. Zwar ist das Wachstum intensiver und die Blüten sind schöner, aber hat hier schon jemand eine Biene entdeckt?
Das gleiche Bild im Gemüse- und Getreideanbau: So genannte F1- und CMS-Hybride liefern hohe Ernten bei gleichbleibender Qualität. Wenige Sorten wachsen auf immer größeren Feldern, die nicht nur Nahrung sondern auch nachwachsende Rohstoffe bieten sollen. In Deutschland und Europa haben Hybridsorten (hybride, von lat. hybrida = Mischling) bei vielen Obst- und Gemüsearten einen Marktanteil von über neunzig Prozent. Zum Beispiel bei Mais, Zuckerrüben, Tomaten, Zwiebeln und verschiedenen Kohlsorten.
CMS-Hybride finden wir sogar im Bioladen, ohne dass sie speziell gekennzeichnet sind. Das CMS steht für „cytoplasmatische männliche Sterilität“, eine genetisch veränderte Eigenschaft, die verhindert, dass Pollen gebildet werden können. Die Nachkommen dieser Kreuzungen sind besonders ertragreich, aber nur in der ersten Generation und als Saatgut unbrauchbar. Das bedeutet: Saatgut muss jedes Jahr beim Züchter neu gekauft werden. Naturnah gärtnern wird zur echten Herausforderung, denn es gibt kaum noch natürliches Saatgut: Samenfestes Saatgut, das sich selbst vermehren kann.
Die großen Player der Agrarindustrie bestimmen den Markt für Saatgut, Pestizide, Düngemittel und Futtermittel. Eine unvorstellbare Machtkonzentration, denen das Interesse, seine Pflanzen durch herkömmliche Züchtung wiederstandsfähiger zu machen, völlig fremd ist. Das dauert, kostet Zeit und Geld. Nur die Gentechnik und hoher Pestizideinsatz bringen schnell hohe Gewinne.
In den vergangenen hundert Jahren haben wir bereits weltweit etwa 75 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Vielfalt verloren. Der kommerzielle Saatgutmarkt hat sich in den letzten 20 Jahre so konzentriert, dass zehn Konzernen 74 Prozent des Gesamtmarktes gehören. Über 200 Firmen und ihre Vielfalt wurden durch Fusionen oder Übernahmen einverleibt, jüngstes Beispiel, der Saatgutproduzent Dieckmann. Heute kontrollieren allein die drei umsatzstärksten Unternehmen – Monsanto, DuPont und Syngenta – 53 Prozent des Marktes.
Sie wollen mit Hilfe der EU die Samen- und Nahrungsvielfalt auf ein überschaubares Maß eindämmen und patentieren. Hartnäckig arbeiten die Konzerne an einem Gesetz, das ihre Macht zementiert: Die “europäischen Saatgutverordnung”. Es darf kein Saatgut mehr weitergegeben werden, das nicht kostspielig getestet, zertifiziert und angemeldet ist. Die Tests orientieren sich natürlich einseitig an Industriesorten. Kleine Saatgutbetriebe, die ohnehin stark unter dem Druck der Konzerne leiden, stehen vor dem Aus. Ein freier Austausch von Samen und Setzlingen zwischen Bauern, Saatgutinitiativen und Gärtnern ist nicht erwünscht. Durch die neue Verordnung geraten Landwirte und Gärtnereien in die Abhängigkeit der Pharmakonzere.
10 000 Jahre altes Kulturgut wäre ausgelöscht, ein riesige Potential an Obst-, Gemüse- und Getreidesorten wäre verschenkt, um die Landwirtschaft an den Klimawandel, neue Krankheiten, Schädlinge und neue Lebensstile anzupassen. Die biologische Vielfalt unserer Natur und der Markt für biologische Lebensmittel wären nachhaltig beschädigt.
Bevölkerung und Politiker in Österreich und deutsche Umweltverbände laufen gegen dieses Diktat der Giganten Sturm. Die Petitionen laufen gut, die Verhandlungen sind noch nicht beendet. Erste Kompromisse hat die EU bereits angeboten, doch nun versucht die Kommission, sich mit so genannten delegierten Rechtsakten inhaltlichen Gestaltungsspielraum zu verschaffen, ohne dass sich die Mitgliedstaaten noch einmal einmischen können.
Auch das Europäisches Patentamt gerät völlig außer Kontrolle: Obwohl das Europäische Parlament und der Deutsche Bundestag dagegen intervenierten und das Europäische Patentabkommen Patente auf Pflanzensorten grundsätzlich ausschließt, erteilt es weiterhin Patente auf Pflanzen. Auch solche, die das Ergebnis herkömmlicher Züchtung sind. Monsanto gehören z.B. Melonen, geköpfter Brokkoli. Zuletzt wurde eine Chili-Sorte von Syngenta patentiert.
Engagiert Euch und kämpft für den Erhalt der Saatgutvielfalt! Wer noch nicht die Petition unterschrieben hat, bitte dringend nachholen!
Infos und Quellen:
www.saatgutkampagne.org
www.vielfalterleben.info
www.arche-noah.at
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